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Berufshaftpflichtversicherung eines Zahnarztes – Direktanspruchs eines geschädigten Patienten?

AG Regensburg – Az.: 10 C 2938/13 – Urteil vom 05.02.2014

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger war im Jahre 2010 in zahnärztlicher Behandlung bei dem Zahnarzt … .

Die Beklagte ist die Berufshaftpflichtversicherung des … .

Der Kläger erwirkte am 22.08.2012 bei dem Landgericht Regensburg unter dem Az.: 4 O 1328/12 ein Versäumnisurteil gegen Herrn …, mit welchem dieser verurteilt wurde, 6.722.- € nebst Zinsen an den Kläger zu zahlen und festgestellt wurde, dass der Beklagte … verpflichtet ist, auch den weiteren materiellen und immateriellen Schaden des Klägers anlässlich dessen fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung durch den Beklagten im Dezember 2010 zu bezahlen.

Am 26.11.2012 wurde vom Amtsgericht Regensburg unter dem Az.: 52 IN 474/12 das Insolvenz verfahren betreffend Herrn … eröffnet.

Der Kläger fordert von der Beklagten Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000.- € für Schmerzen aufgrund einer schuldhaft falschen Behandlung durch Herrn … .

Hinsichtlich der Behauptungen des Klägers zu der Behandlung und deren Folgen wird auf die Klageschrift vom 01.10.2013, Seite 3 bis 5 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zu erkennen: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung anlässlich einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung im Dezember 2010 in Regensburg nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung

Die Beklagte behauptet, ihr Versicherungsnehmer habe sie nicht über den Rechtsstreit vor dem Landgericht Regensburg, Az. 4 O 1328/12 informiert.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei wegen der Entscheidung gegen den Versicherungsnehmer vor dem Landgericht, Az.: 4 O 1328/12 wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte.

Berufshaftpflichtversicherung eines Zahnarztes - Direktanspruchs eines geschädigten Patienten?
Symbolfoto: Von studio2sim /Shutterstock.com

Der Kläger hat keinen eigenen vertraglichen Anspruch, weil nicht er Vertragspartner der Beklagten ist, und keinen direkten Schadensersatzanspruch, weil nicht die Beklagte etwaige Behandlungsfehler begangen hat.

Es liegt auch kein Fall vor, in welchem der Kläger gemäß §§ 115, 113 WG einen Direktanspruch gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Herrn … hat:

Voraussetzung eines Direktanspruchs aus § 115 VVG ist zunächst, dass überhaupt ein Haftpflichtversicherungsvertrag vorliegt, zu dessen Abschluss der Versicherte durch Rechtsvorschrift verpflichtet ist (§ 113 VVG). Die Vorschrift des § 115 VVG bezieht sich bereits grundsätzlich nur auf Versicherungsverträge gemäß § 113 VVG:

Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls und Fälligkeit der streitgegenständlich geltend gemachten Schmerzensgeldansprüche lagen diese Voraussetzungen offenkundig nicht vor:

Eine Bestimmung, dass ein Berufstätiger verpflichtet ist, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen greift in dessen Berufsfreiheit aus Art 12 GG ein und bedarf daher zur Wirksamkeit einer Grundlage in einem formellen Gesetz. (ebenso Münchner Kommentar zum VVG § 113 Rz 10 m.w.N., Prölls/Martin, Kommentar zum VVG 28. Aufl. § 113 Rz 1). Es kann dahinstehen, inwieweit durch Regelungen in der Satzung der Bayerischen Ärztekammer eine derartige Verpflichtung normiert war, da eine Satzung kein formelles Gesetz darstellt, und daher einer gesetzlichen Ermächtigung zur Wirksamkeit dieser Regelung bedarf.

Zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles wie des Entstehens des Anspruchs fehlte im Bayerischen Heilberufe-Kammergesetz eine gesetzliche Ermächtigung, die Mitglieder zum Abschluss eines Haftpflichtversicherungsvertrages zu verpflichten. Diese Ermächtigung ist erst mit Wirkung zum 01.08.2013 als Art 18 Abs 1 Nr. 4 geschaffen worden. Dies führt jedoch nicht dazu, dass rückwirkend Direktansprüche auch für bereits vor der Gesetzesänderung bestehende Ansprüche gegen den Versicherten eröffnet würden.

Unabhängig hiervon ist ausweislich der Information auf der Internetseite der Bayerischen Landesärztekammer die Berufsordnung das letzte Mal mit Wirkung zum 01.04.2012 und die Satzung das letzte Mal mit Wirkung zum 01.01.2010 geändert worden. Daraus folgt, dass jedwede Regelung über eine Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung bei Erlass der Norm nichtig war (Verstoß gegen Art 12 GG). Der Umstand, dass zwischenzeitlich eine Ermächtigung zu einer derartigen Regelung besteht führt auch nicht dazu, dass eine unwirksame Norm ex nunc wirksam wird, sondern würde lediglich ermöglichen, dass eine neue Norm mit dem selben regelungsgehalt nunmehr wirksam geschaffen werden könnte.

Nur wenn überhaupt ein Fall des § 113 VVG vorläge könnte sich die Insolvenz über § 115 VVG dahingehend auswirken, dass es einen Direktanspruch gäbe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nr.11, 711 ZPO.

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