Nachdem das Versicherungsvertragsgesetz (Kurzform: VVG) mit dem 01/01/08 aktualisiert wurde gab es dementsprechend auch Änderungen, welche die Versicherungsnehmer unmittelbar betrafen. Eine wesentliche Änderung des VVG bezog sich auf die nunmehr gesetzlich normierte Option des Versicherungsgebers, ein Leistungsanerkenntnis gem. § 173 Absatz 2 VVG) nunmehr auch mit einer zeitlichen Befristung abzugeben. Was sich zunächst nach einer kleinen Änderung anhört, hat in Wahrheit jedoch eine enorm große Auswirkung, da es diesbezüglich keinerlei Rechtssprechung gab. Das Landgericht Dortmund, das schon des Öfteren in der Vergangenheit versicherungsrechtliche und wegweisende Entscheidungen getroffen hat, befasste sich auch diesbezüglich wieder mit den Auswirkungen, welche die Änderung des VVG für den Versicherungsnehmer mit sich brachte.
Die Problematik
Dem Grundsatz nach ist ein Versicherungsgeber gesetzlich dazu angehalten, im Versicherungsfall nach dem unmittelbaren Eintritt auch eine Leistungspflicht ohne eine zeitliche Begrenzung bzw. Befristung abzugeben. Dies ergibt sich aus dem § 5 MB BUZ sowie § 8 Absatz 1 MB BUZ aus dem Jahr 2014. Dementsprechend ist der Versicherungsgeber auch dazu verpflichtet, nach der Abgabe des Anerkenntnisses die Versicherungsleistung bis zu dem vertraglich vereinbarten Ablauf des Versicherungsvertrages an den Versicherungsnehmer zu erbringen.
Im Zuge des Nachprüfungsverfahrens oblag es dem Versicherungsgeber nachzuweisen, dass
- eine sogenannte erstmalige Verweisbarkeit
- eine sogenannte Umorganisierbarkeit
- eine sogenannte objektivierbare Gesundheitsverbesserung
vorlag.
Diese Beweispflicht ist gesetzlich gesehen absolut korrekt, da ein Versicherungsnehmer im Leistungsfall von den Leistungen des Versicherungsgebers auch auf regelmäßiger Basis den Lebensunterhalt bestreiten muss und dementsprechend auch das Recht hat, auf diese Leistung bei einer unveränderten Sachlage zu vertrauen.
Die verschiedenen Befristungsarten
Das VVG kennt verschiedene Befristungsarten, die jeweilig individuell zwischen dem Versicherungsgeber und dem Versicherungsnehmer auf versicherungsvertraglicher Basis vereinbart werden können.
Zu nennen sind hier
– die sogenannte echte befristete Anerkennung auch rückwirkend in die Vergangenheit
– die Anerkennung mit Befristung unter Zurückstellung der Verweisungsfrage
– das befristete Anerkenntnis im Hinblick auf die Zukunft
Bei der echten Befristung des Anerkenntnisses auch rückwirkend in die Vergangenheit handelt es sich um eine Fallkonstellation, bei welcher die Prüfungsdauer des Versicherungsgebers einen enorm langen Zeitraum in Anspruch nimmt. Wird nach Ablauf des Prüfungsverfahrens festgestellt, dass der Versicherungsnehmer einen berechtigten Anspruch auf die Versicherungsleistung hat, so erfolgt das Anerkenntnis des Versicherungsgebers auch dann, wenn der Versicherungsnehmer zwischenzeitig wieder genesen ist. In der gängigen Praxis müsste der Versicherungsgeber zwei Schreiben an den Versicherungsnehmer aufsetzen. Im ersten Schreiben wird die Leistungspflicht anerkannt und in dem zweiten Schreiben wird die Leistungspflicht für beendet erklärt.
Der Gesetzgeber sagt, dass die Versicherungsgeber diese Vorgehensweise auch in einem einzigen Anschreiben an den Versicherungsnehmer zusammenfassen dürfen. Die ganze Vorgehensweise ist allerdings grundlegend von dem Aspekt abhängig, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers in der Vergangenheit wieder verbessert hat und somit keine Berufsunfähigkeit mehr vorliegt.
Die Anerkennung mit Befristung unter Zurückstellung der Verweisungsfrage
Dieser Versicherungsfall wird in dem § 5 Absatz 2 der MB BUZ 90 beschrieben. Ein Versicherungsgeber darf durchaus die Leistungspflicht aus dem Versicherungsvertrag heraus für den Hauptberuf des Versicherungsnehmers anerkennen und die Frage der Verweisung später klären. Diese Vorgehensweise ist allerdings in der gängigen Praxis überaus selten.
Das befristete Anerkenntnis im Hinblick auf die Zukunft
Diese Form der Befristung ist für die gängige Praxis überaus interessant, da er sehr häufig vorkommt. Wenn ein Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsvertrag heraus eine Berufsunfähigkeitsleistung des Versicherungsgebers fordert und zu dem Zeitpunkt der Forderung bereits feststeht, dass der Versicherungsnehmer für einen gewissen Mindestzeitraum nicht arbeiten kann, so gilt der aktuelle Status zumindest als fraglich. Ein Nachprüfungsverfahren des Versicherungsgebers gestaltet sich in der Regel überaus schwierig, da in vielen Fällen die medizinischen Unterlagen nicht in ausreichender Form zur Verfügung stehen. Diese Unterlagen werden jedoch von dem Versicherungsgeber für das Prüfungsverfahren zwingend benötigt. Für gewöhnlich vergeht dann eine sehr lange Zeit, ohne dass der Versicherungsnehmer in den Genuss der Versicherungsleistung des Versicherungsgebers kommt. In vielen Fällen ist dabei sogar der Versicherungsfall an sich unstreitig.
Der Gesetzgeber hat für derartige Fälle den § 173 Absatz 2 VVG mit der damit verbundenen Möglichkeit eröffnet, die Leistungspflicht auch unabhängig von der Verweisungsfrage auf befristeter Basis anzuerkennen. Diese Möglichkeit besteht jedoch ausdrücklich nur ein einziges Mal und die Dauer des Zeitraums der Anerkenntnis obliegt der Disposition des Versicherungsgebers. Für diesen Zeitraum ist jedoch ausdrücklich kein Nachprüfungsverfahren zulässig.
Die Versicherungsbedingungen sind ein wesentlicher Bestandteil des Versicherungsvertrages und auch im Zusammenhang mit dem Anerkenntnis der Leistungspflicht des Versicherungsgebers grundlegend wichtig. Im Hinblick auf die Änderungen des VVG kann es aber durchaus vorkommen, dass diese Versicherungsbedingungen zuungunsten des Versicherungsnehmers oder des Versicherungsgebers veraltet sind. In diesem Zusammenhang muss jedoch auch ausdrücklich erwähnt werden, dass die Thematik des befristeten Anerkenntnisses aus juristischer Sichtweise heraus als ein enorm komplexes und sehr schwieriges Themenfeld angesehen werden muss, da die Berufsunfähigkeitsversicherung ein Stück weit von verlässlichen Prognosen und damit auch von einer kalkulierbaren Zukunft abhängig ist. Objektiv betrachtet muss gesagt werden, dass auch das neue VVG diese Problematik nicht abschließend gelöst hat. Fakt ist, dass die Thematik befristetes Anerkenntnis nicht vereinfacht wurde. Es ist daher auch nicht auszuschließen, dass bei den großen Versicherungsgebern Fehler im Hinblick auf die Entscheidungsfindung oder die Sachverhaltsdeutung geschehen. Auch bei den Versicherungsgesellschaften arbeiten letztlich nur Menschen, die sich mit der Thematik erst einmal ausgiebig auseinandersetzen und auch die wirtschaftlichen Belange der Versicherungsgesellschaft in der Funktion eines wirtschaftlichen Unternehmens mit Arbeitgeberstellung berücksichtigen müssen.
Wenn bei Ihnen als Versicherungsnehmer ein Leistungsfall des Versicherungsgebers eingetreten ist, so sollten Sie diesen Fall auf jeden Fall unverzüglich der Versicherungsgesellschaft melden. Es ist keine Seltenheit, dass der Versicherungsgeber die ganze Angelegenheit erst einmal aus einem gänzlich anderen Blickwinkel betrachtet, als es bei dem Versicherungsnehmer der Fall ist. Auch ein Schreiben mit einem befristeten Anerkenntnis ist keine Seltenheit, welches natürlich bei dem Versicherungsgeber erst einmal für Verwirrung sorgen wird. Dieser Umstand ist nicht weiter verwunderlich, denn der Versicherungsnehmer hat seinerseits ebenfalls eine sehr unsichere Zukunft vor sich. Neben den gesundheitlichen Problemen, mit denen sich der Versicherungsnehmer herumärgern muss, steht natürlich auch die finanzielle Frage sehr stark im Vordergrund. Ein Versicherungsnehmer bestreitet seinen Lebensunterhalt durch das Erwerbseinkommen, welches natürlich sehr stark mit der Arbeitsfähigkeit in Verbindung steht. Fällt die Arbeitsfähigkeit weg, so fällt damit natürlich auch das Erwerbseinkommen weg. Dies jedoch ist für die Kreditgeber von etwaigen Verbindlichkeiten oder den Vermieter nicht von Belang, diese Parteien möchten natürlich auch weiterhin gerne das Geld aus den vertraglichen Vereinbarungen heraus erhalten. Auf ein Verständnis braucht ein Versicherungsnehmer bei diesen Parteien nicht zu hoffen, da Vertrag in Deutschland nun einmal Vertrag ist und dementsprechend jede Vertragspartei zu der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen herangezogen wird.
Sie als Versicherungsnehmer werden in einem derartigen Fall natürlich das Schreiben des Versicherungsgebers dringend erwarten. Wenn in diesem Schreiben allerdings mitgeteilt wird, dass die Leistungspflicht nicht so ohne Weiteres anerkannt wird, so kann dies durchaus schnell Verzweiflungsgefühle in dem Versicherungsnehmer hervorrufen. Ein Grund zur Verzweiflung stellt dies jedoch nicht dar, denn der Versicherungsnehmer hat stets das Recht auf eine juristische Überprüfung der ganzen Angelegenheit. Hierbei ist es absolut empfehlenswert, dass die Dienste eines erfahrenen Fachanwalts für Vertragsrecht in Anspruch genommen wird. Derartige Dienste können sich als sehr lohnenswert erweisen, denn viele Versicherungsgeber betrachten die ganze Angelegenheit plötzlich ganz anders, wenn Sie einen Brief von einem Fachanwalt für Vertragsrecht erhalten. Wir sind eine Rechtsanwaltskanzlei mit einem sehr großen Team bestehend aus kompetenten und engagierten Fachanwälten für Vertragsrecht, welche sich sehr gerne mit Ihrer Thematik befassen und Ihnen mit Rat und Tat als starker Ansprechpartner zur Seite stehen. Kontaktieren Sie uns einfach!