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Bauleistungsversicherung – Schimmelbefall als nicht versicherter Mangel der Bauleistung

OLG Celle – Az.: 8 U 205/11 – Urteil vom 02.02.2012

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 3. August 2011 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Hannover wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60.480 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Ansprüche aus einer Bauleistungsversicherung geltend.

Die Klägerin führte als Generalunternehmerin das Bauvorgaben E. R. Hotel in H. aus (Generalunternehmervertrag Anlage dst 1). Bauherrin war die E. R. GmbH & Co. KG, die für das Bauvorhaben mit der Beklagten als führendem Versicherer (60 %) einen Bauleistungsvertrag zur Nr. 440 82 339049157 T abschloss (Versicherungsschein Anlage K 1, gesondert geheftet). Vereinbart war die Geltung der Allgemeinen Bedingungen für die Bauwesenversicherung von Gebäudeneubauten durch Auftraggeber (ABN, Anlage K 2). Dort heißt es u. a.:

§ 1 Nr. 1. a:

„Versichert sind alle Bauleistungen, Baustoffe und Bauteile für den Roh- und Ausbau oder für den Umbau des in dem Versicherungsschein bezeichneten Gebäudes einschließlich der als wesentliche Bestandteile einzubauenden Einrichtungsgegenstände …“.

§ 2 Nr. 1:

„Entschädigung wird geleistet für unvorhergesehen eintretende Schäden (Beschädigungen oder Zerstörungen) an versicherten Bauleistungen oder an sonstigen versicherten Sachen.

Unvorhergesehen sind Schäden, die weder der Auftraggeber noch der beauftragte Unternehmer oder deren Repräsentanten rechtzeitig vorhergesehen haben oder mit dem jeweils erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können.“

Dazu heißt es ergänzend im Versicherungsschein unter „Klausel 0050“:

„Abweichend von § 2 Nr. 1 Abs. 2 R+V ABN sind unvorhergesehen Schäden, die der Versicherungsnehmer oder seine Repräsentanten weder rechtzeitig vorhergesehen haben noch mit dem für die im Betrieb ausgeübte Tätigkeit erforderlichen Fachwissen ohne grobe Fahrlässigkeit hätten vorhersehen können.“

Weiter heißt es in § 2 Nr. 3 a ABN:

„Entschädigung wird nicht geleistet für Mängel der versicherten Bauleistungen und sonstiger versicherter Sachen“.

Bauleistungsversicherung - Schimmelbefall als nicht versicherter Mangel der Bauleistung
Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com

Die §§ 9 ff. ABN enthalten Regelungen über den Umfang der Entschädigung. In § 16 AVB heißt es in Nr. 1, dass abweichend von §§ 74 ff. VVG über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag nur der Versicherungsnehmer verfügen kann.

Im Zuge der Baudurchführung des Hotels ergaben sich Probleme im Zusammenhang mit den Badzellen. Einige Zeit nach dem Einbau der als geschlossene Raumeinheiten gelieferten Fertigbäder trat bei mindestens 220 von insgesamt 316, je baugleichen Fertigbädern (70 %) Schimmelpilz auf.

Von den für die Beseitigung von Schimmelpilz aufgewendeten Beträgen in Höhe von 112.000 € (Anlage K 3) abzüglich eines Sicherheitseinbehalts von 10 % macht die Klägerin einen Teilbetrag (Bl. 148) von 60 % geltend.

Die Klägerin hat gemeint, sie sei prozessführungsbefugt; § 16 Nr. 1 ABN sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Außerdem sei sie mit Schreiben der Bauherren vom 28. Mai 2008 (Anlagenkonvolut K 8) zur Prozessführung ermächtigt worden.

Die Klägerin hat weiter gemeint, es liege ein versichertes Ereignis vor. Sie hat dazu auf die gutachterlichen Stellungnahmen des Dipl.-Ing. M. vom 9. November 2007 (Anlage K 7, außerdem K 17) verwiesen, wonach die Bauweise der Bäder unbedenklich sei.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 60.480,00 € zzgl. 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Es liege weder eine Beschädigung noch eine Zerstörung im Sinne von § 2 Nr. 1 ABN vor. Sie hat dazu auf das Gutachten des Prof. Dr. Ing. F. vom 10. Juli 2007 (Anlage dst 2) verwiesen.

Das Landgericht hat gemäß Beweisbeschlüssen vom 3. Dezember 2008 (Bl. 61) und vom 22. April 2009 (Bl. 113) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, das der beauftragte Dr. Ing. K. unter dem 29. Juni 2010 vorgelegt und unter dem 14. Februar 2011 ergänzt hat (je gesondert geheftet).

Das Landgericht, Kammer für Handelssachen, hat mit am 3. August 2011 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen.

Zwar sei die Klägerin aufgrund des Schreibens der Bauherrin vom 28. Mai 2008 zur Geltendmachung von Versicherungsansprüchen berechtigt. Sie habe jedoch nicht bewiesen, dass es sich bei den aufgetretenen Schimmelpilzbildungen um Beschädigungen oder Zerstörungen an versicherten Bauleistungen im Sinne des Versicherungsvertrages gehandelt habe. Die Beklagte hafte aber nur für Sachschäden, nicht dagegen für Mängel der versicherten Bauleistungen. Es komme darauf an, ob eine bereits vorhandene, selbständige Teilleistung durch Außenwirkung beeinträchtigt worden sei, oder ob einer Bauleistung ein Mangel unmittelbar anhafte. Dabei sei vorliegend nicht feststellbar, dass die aufgetretenen Schäden durch Einwirkung von außen entstanden seien. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sprächen die Umstände vielmehr für einen Mangel als integrativen Bestandteil der Gesamtbauleistung. Der beauftragte Sachverständige Dr. K. sei zu dem Ergebnis gelangt, dass für den Schimmelpilzbefall mit unterschiedlich hoher Wahrscheinlichkeit mehrere Ursachen in Betracht kämen, nämlich die unvermeidbare Wasserbelastung der Badzellen durch Betoniervorgänge, eine witterungsbedingte Wasserbelastung, das zum Zeitpunkt des Verpackens der Badzellen mittels Folien noch in den Massivbauteilen enthaltene Überschusswasser und das nach dem Aufstellen der Badzellen im Zuge des weiteren Ausbaus des Objekts mit z. B. Estrichen und Putzen eingetragene Überschusswasser. Für einen grundsätzlichen Fehler spreche auch die große Zahl befallener Badzellen. Ausführungsfehler oder unmittelbare Einwirkungen auf die Substanz der Badzellen von außen habe der Gutachter nicht festgestellt.

Soweit die Klägerin als Ausführungsmängel die unsachgemäße Handhabung der Folien, das Betonierwasser, Mängel im Leitungssystem und die zu vermutende Sporenbelastung angegeben habe, habe der Sachverständige dem mit Recht entgegengehalten, dass Betonierwasser als ein notwendiger Bestandteil hydraulisch abbindender Baustoffe ebensowenig ein Ausführungsfehler sei wie in der Luft vorhandene Sporen. Im Übrigen sei der Vortrag der Klägerin insbesondere in Bezug auf vermutete Undichtigkeiten in den Leitungssträngen und hinsichtlich der tatsächlichen Handhabung der Folien nicht ausreichend konkret, um die behaupteten Ausführungsmängel feststellen zu können. Dem mathematischen Gutachten des Prof. Dr. O. (Bl. 174 ff.) sei schon entgegenzuhalten, dass nicht unstreitig sei, dass „nur“ 220 Fertigbäder betroffen gewesen seien. Die Unsicherheit über die Schadensursache und ggf. bei mehreren Ursachen deren Anteil wirke sich zu Lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin aus. Eine Umkehr der Beweislast komme nicht in Betracht.

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung unter Aufrechterhaltung ihres erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrages.

Die Klägerin meint, der Tatbestand der Sachbeschädigung nach den ABN sei erfüllt. Dabei sei unstreitig, dass nur 220 von insgesamt 316 Fertigbädern betroffen gewesen seien. Da die Bauleistungsversicherung dem Versicherungsnehmer eine Allgefahrendeckung gewähre, komme es auf die Ursache der eingetretenen Schäden nicht mehr an. Der Versicherer trage grundsätzlich alle Gefahren (= Ursachen), denen die versicherten Sachen während der Dauer der Versicherung ausgesetzt seien. Der Sachverständige habe sich mit den von der Klägerin für wahrscheinlich erachteten Ursachen „fehlerhafte Handhabung der Folie im  Anschlussbereich“ und „Wasseraustritt durch Leckagen beim Abdrücken der Leitungsstränge“ nicht beschäftigt, habe sie folglich auch nicht ausgeschlossen. Die vom Sachverständigen für möglich erachteten Ursachen könnten nicht verantwortlich für die aufgetretenen Schäden sein, wie sich aus dem Privatgutachten des Prof. Dr. O. ergebe. Zur Beweislast meint die Klägerin, dass von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis auszugehen sei dergestalt, dass dann, wenn ein Baumangel im Einzelfall nicht Sachschaden sei, dies die Ausnahme zur Regel bilde, und deswegen die Beklagte dafür beweisbelastet sei. Schließlich hält die Klägerin die Beweiswürdigung des Landgerichts für fehlerhaft. Der Sachverständige habe keine Feststellungen getroffen, sondern nur mit Wahrscheinlichkeiten agiert. Das Landgericht habe schließlich gegen seine Hinweispflichten verstoßen; anderenfalls hätte die Klägerin noch weiter zu den von ihr vermuteten Ursachen „fehlerhafte Handhabung der Folie im Anschlussbereich“ und „Leckagen im Rohrleitungssystem“ vorgetragen.

Die Klägerin beantragt (Bl. 228), das Urteil des Landgerichtes Hannover vom 3. August 2011 zu 22 O 80/08 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 60.480,00 € zuzüglich 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 225), die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Wert der betroffenen Badzellen habe sich nicht nachträglich nachteilig verändert; vielmehr sei die Leistung der Klägerin insoweit mangelhaft gewesen. Dass nur 220 Badzellen beschädigt seien, sei keineswegs unstreitig, sondern bereits in erster Instanz bestritten worden (Bl. 253/77). Eine Allgefahrendeckung bestehe natürlich nur insoweit, als kein Leistungsmangel vorliege. Aus den Äußerungen des Sachverständigen ergebe sich dabei, dass sich gerade das durch den Mangel begründete Risiko realisiert habe. Zur Beweislast meint die Beklagte, dass nach allgemeinen Grundsätzen der Klägerin der Nachweis obliege, dass ein Versicherungsfall eingetreten sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das schriftliche Sachverständigengutachten des Dr. Ing. E. K., I., vom 29. Juni 2010, ergänzt unter dem 14. Februar 2011, das angefochtene Urteil sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil trifft auch gegenüber dem Berufungsvorbringen zu.

1. Die Bejahung der Aktivlegitimation durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden. Bedenken sind auch von der Beklagten in der Berufungserwiderung nicht geltend gemacht worden.

Nach § 16 Nr. 1 ABN kann abweichend von §§ 74 ff. a. F. VVG über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag nur der Versicherungsnehmer verfügen. Gerade unter Berücksichtigung der Wertung des § 75 Abs. 2 VVG a. F. ist aber nicht ersichtlich, warum nicht der zur Geltendmachung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugte Versicherungsnehmer den Versicherten zur Geltendmachung ermächtigen können sollte.

2. Auch in der Sache begegnet das angefochtene Urteil keinen durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht hat weder die versicherten Gefahren noch insoweit die Beweislast verkannt, noch hat es Beweise falsch gewürdigt.

Entscheidend ist die von § 2 Nr. 1 ABN einerseits und § 2 Nr. 3 a ABN andererseits vorgenommene Differenzierung nach Schäden (Beschädigungen oder Zerstörungen) und Mängeln der versicherten Bauleistungen und sonstigen versicherten Sachen. Dabei räumt die Klägerin ein (Seite 2 der Berufungsbegründung), dass das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend zwischen Sachschaden und Mangel der Bauleistung differenziert habe.

Zwar sind die Fertigbäder an sich versicherte Sachen i. S. v. § 1 Nr. 1 a ABN.

Allein dadurch, dass eine Sache an sich versichert ist, hat sich die Einstufung nach § 2 ABN aber noch nicht erledigt. Die Auffassung der Klägerin, auf die Ursachen der eingetretenen Schäden komme es nicht an, ist jedenfalls missverständlich, ebenso wie die Begrifflichkeit der „Allgefahren-Deckung“. Beide Fragen sind im Zusammenhang mit der Differenzierung in § 2 ABN zu sehen. Als „Allgefahrenversicherung“ lässt sich die hier in Rede stehende Bauleistungsversicherung, wie sie vertraglich vereinbart worden ist, nur mit der Einschränkung sehen, dass § 2 Nr. 3 a ABN nicht einschlägig ist.

Daher war es mit der Feststellung des Schimmelbefalls, der als solcher unstreitig ist, nicht getan. Dieser Schimmelbefall musste eine Beschädigung i. S. v. § 2 Nr. 1 ABN und durfte kein Mangel der versicherten Bauleistung oder sonstiger versicherten Sachen i. S. v. § 2 Nr. 3 a ABN sein.

Dazu hat das Landgericht gemäß den Beschlüssen vom 3. Dezember 2008 und 22. April 2009 (Bl. 61/113) Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben. Zu klären war insbesondere, ob die Schimmelpilzbildungen auf eine fehlerhafte Teilleistung und/oder äußere Einwirkungen zurückzuführen waren. Dem tragen die Beweisbeschlüsse des Landgerichts vom 3. Dezember 2008 und 22. April 2009 Rechnung. Das Sachverständigengutachten ist eingeholt und auf Anregung der Klägerin ergänzt worden.

Grundsätzlich ist der Senat an die Feststellungen der Vorinstanz gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Eine Bindung besteht nur dann nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte vernünftige Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen zu wecken geeignet sind. Es muss eine bestimmte, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Vermutung bestehen, dass im Falle einer neuen Beweisaufnahme die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden. Dem kann eine Verletzung von Denkgesetzen, von allgemein anerkannten Erfahrungssätzen, das Verkennen der Beweislast oder das Übergehen eines entscheidungserheblichen Beweisantrags zugrunde liegen (vgl. BGH, NJW 2005, 1583). Dies umfasst auch die Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme (Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 529 Rdnr. 2). Demgegenüber gibt es die Berufungsinstanz als vollwertige Tatsacheninstanz nicht mehr. Erschöpft sich die Berufung in einem Angriff auf die Beweiswürdigung, so muss sie schlüssig konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen begründen (Zöller/Heßler, ebenda Rdnr. 3). Das setzt voraus, dass die etwaig bestehenden Zweifel an den erhobenen Beweisen einen Neueinstieg in die Beweisaufnahme gebieten. Dies gilt grundsätzlich auch für Tatsachenfeststellungen, die auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen worden sind. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens können sich aus dem Gutachten oder der Person des Gutachters ergeben, insbesondere wenn das Gutachten in sich widersprüchlich oder unvollständig ist, wenn der Sachverständige erkennbar nicht sachkundig war, sich die Tatsachengrundlage durch zulässigen neuen Sachvortrag geändert hat oder wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten zur Beantwortung der Sachverständigenfrage gibt (vgl. BGH, NJW 2003, 3480; KG, KGR Berlin 2009, 900).

Derartige Zweifel zeigt die Berufung nicht auf. Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige hat im Einzelnen ausgeführt, wie er zu der entscheidenden Annahme gekommen ist, dass die unvermeidbare Belastung der Badzellen mit Feuchtigkeit insbesondere durch Betoniervorgänge mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einem von der Klägerin selbst dokumentierten Zustand der zum Schutz der Badzellen vorgesehenen Folien beruhe.

Keine ausschlaggebende Bedeutung kommt der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgegriffenen Behauptung der Klägerin zu, der Sachverständige habe sein Feststellungen nicht unter der versicherungsrechtlichen Fragestellung getroffen. Es handele sich nur um die Begutachtung von Baufehlern und damit um die von vornherein falsche Sichtweise. Die nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen ermöglichen es nämlich, die hier in Rede stehende Frage nach Beschädigung oder Zerstörung einerseits und bloßem, keinen Versicherungsfall darstellenden Mangel andererseits zu beantworten. Mehr war von dem Gutachten nicht zu erwarten.

Die Ausführungen des Sachverständigen decken sich überdies jedenfalls weitgehend mit denjenigen des von der Beklagten beauftragten Prof. Dr.-Ing. F. in dessen Gutachten vom 10. Juli 2007 (Anlage dst 2). Die Sachkunde des Sachverständigen hat die Klägerin nicht in Abrede genommen (s. Bl. 233). Neue Ansätze zur weiteren Aufklärung zeigt sie nicht auf. Da die Bauarbeiten seit langem abgeschlossen und die seinerzeitigen Baustellenverhältnisse nicht bekannt sind, außerdem auch der Schimmelpilzbefall längst beseitigt ist, ist die Zahl der Anknüpfungstatsachen beschränkt. Auch vor diesem Hintergrund ist eine weitere Aufklärung nicht erfolgversprechend (s. a. das Gutachten des Dipl.-Ing. M. vom 9. November 2007, Anlage K 7, a. E.: “ waren nachträglich wahrscheinlich keine zuverlässigen Daten mehr beschaffbar.“). Mängel des Gutachtens des Dr. K. i. S. v. § 412 ZPO sind nicht ersichtlich.

Dass ein Versicherungsfall in Gestalt einer Beschädigung oder Zerstörung der Badzellen eingetreten ist, hat der Sachverständige nicht feststellen können. Zutreffend ist das Landgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Inhalt des Gutachtens eher für einen Fall des § 2 Nr. 3 a ABN spricht. Ob dies erwiesen ist, kann aber dahingestellt werden, da vorrangig jedenfalls festzustellen ist, dass die Klägerin den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht hat.

Für die Beweislastverteilung gilt im Versicherungsrecht der Grundsatz, dass der Versicherungsnehmer, der Leistungen wegen eines Versicherungsfalls geltend macht, grundsätzlich die tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs beweisen muss (vgl. z. B. BGH, VersR 1992, 349, unter 4.). Der Hinweis der Klägerin auf ein Regel-Ausnahme-Verhältnis gilt insbesondere bei Risikoausschlüssen. Die Voraussetzungen für solche Risikoausschlüsse stehen als Ausnahmeregelungen zur Beweislast des Versicherers. Risikoausschluss kann hier aber allenfalls § 2 Nr. 3 a ABN sein, wobei dahin gestellt bleiben kann, ob diese Ausnahmeregelung überhaupt einen Anwendungsbereich hat, weil sie nur das Gegenstück zu § 2 Nr. 1 ABN ist und alles, was nicht in dem dortigen Sinne Beschädigung oder Zerstörung ist, ohnehin nicht zu Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag führen kann. Jedenfalls ist zu klären, ob es sich um einen Versicherungsfall handelt, was durch die Subsumtion unter § 2 Nr. 1 ABN zu geschehen hat. Versicherungsfall ist nur der unvorhergesehen eintretende Schaden im Sinne einer Beschädigung oder Zerstörung und damit, ohne dass es auf § 2 Nr. 3 ABN ankäme, nicht die (sonstige) Mangelhaftigkeit der Sache selbst.

Der Senat teilt damit die Auffassung des OLG Stuttgart aus dem Urteil vom 19. Januar 2006 (7 U 108/05). Das OLG Stuttgart hat zutreffend Sinn und Zweck der Versicherung (nur) in dem Schutz vor Gefahren gesehen, die sich aus dem Aufeinanderbauen und Ineinandergreifen der einzelnen Leistungen und der damit gegebenen Einwirkungsmöglichkeiten anderer Baubeteiligter ergeben (s. a. OLG Frankfurt, VersR 1984, 1057). Für Schäden durch Leistungen Dritter ist vorliegend freilich mit Substanz nichts vorgetragen. Der Einbau der in Rede stehenden Badzellen stellt sich als eine einheitliche, von vornherein und ohne das Zutun Dritter mit Mängeln behaftete Leistung dar; bloßer „Pfusch am Bau“ aber ist grundsätzlich nicht versicherbar (OLG Frankfurt, ebenda). Die Klägerin scheint demgegenüber ein weiteres Verständnis vom Sinn und Zweck der Versicherung zu haben, eher im Sinne einer Vollkaskoversicherung für Bauleistungen. Dafür aber gibt der Wortlaut der Bedingungen nichts her.

Für Beweiserleichterungen ist nichts ersichtlich. Hier gilt wie allgemein, dass Beweisnot für sich genommen Beweiserleichterungen nicht rechtfertigt. Für einen Anscheinsbeweis fehlt es an der erforderlichen Typizität (vgl. z. B. BGH, VI ZR 33/09, Urteil vom 19. Januar 2010). Dabei kann sich von vornherein für die Klägerin nichts daraus ergeben, dass nur 220 von insgesamt 316 Badzellen von Schimmelpilz befallen gewesen seien. Die von der Klägerin wiederholt und mit Nachdruck vorgetragene Ansicht, dies sei unstreitig, trifft nicht zu, wie sich bereits aus dem Vortrag der Beklagten auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 16. Februar 2009 (Bl. 77) ergibt. Dem Sachverständigen war durch die Fassung des Beweisbeschlusses des Landgerichts vom 22. April 2009 vorgegeben zu überprüfen, welches die Ursachen für Schimmelpilzbildung in 220 Fertigbädern waren. Um die übrigen Bäder ging es in dem Rechtsstreit nicht, und zwar weder in der einen noch in der anderen Hinsicht. Feststellungen sind insoweit nicht getroffen worden. Selbst wenn nur 220 Bäder betroffen und die übrigen 30 % nicht betroffen gewesen sein sollten, ergäbe sich daraus für die Klägerin nichts. Näher liegt angesichts eines Verhältnisses von 70 : 30 die Annahme eines grundsätzlichen, den Bädern immanenten (integralen) Mangels (Seite 17 des Gutachtens vom 29. Juni 2010), zumal die Verteilung der unstreitig betroffenen Badzellen keinem erkennbaren System folgt. Es kommt aber auch darauf nicht entscheidend an, weil selbst dann, wenn man dies anders bewerten wollte, der Beweis, den die Klägerin zu führen hatte, nicht geführt wäre. Die M. GmbH hat in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 25. Mai 2008 (Anlagenkonvolut K 8) auch nur die Auffassung vertreten, dass nicht mehr ausgeschlossen werden könne, dass durch Dritte, insbesondere im Bereich der Deckendurchbrüche, Beschädigungen an der Verpackung verursacht worden seien. Für einen Nachweis im Sinne von § 286 ZPO reicht das alles von vornherein nicht. Absolute/mathematische Gewissheit darf zwar, weil nicht erreichbar, nicht verlangt werden. Keinesfalls aber genügt im Anwendungsbereich von § 286 ZPO, dass es „gut möglich“ oder „überwiegend wahrscheinlich“ ist, dass ein streitiges Geschehen sich entsprechend der Behauptung der beweisbelasteten Partei zugetragen hat oder die eine Darstellung eines Sachverhalts eher zuzutreffen scheint als die des Gegners.

Die Wahrscheinlichkeitsberechnungen in dem allein mathematischen Gutachten des Prof. Dr. O. (Bl. 174 ff.), das die Klägerin in Auftrag gegeben hat, müssen außen vor bleiben, weil gerade nicht unstreitig ist, dass die restlichen 30 % der Badzellen im Hinblick auf Schimmelbefall völlig mangelfrei waren, wodurch das Gutachten, das sich über technische Dinge gar nicht verhält, seine wesentliche Grundlage einbüßt. Entsprechendes gilt für die letztlich gleich lautenden Ausführungen des Dipl.-Ing. M. vom 19. Juli 2010 (Anlage K 17). Bezieht man überdies die Wahrscheinlichkeitsannahmen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen allein auf die unstreitig mit Schimmel behafteten Badzellen, steht seine Aussage nicht in Widerspruch zu der aus dem Gutachten des Prof. Dr. O., dass unter Zugrundelegung der Einzelwahrscheinlichkeiten sich eine nahezu hundertprozentige Wahrscheinlichkeit des Schimmelbefalls ergibt.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte umfassend vor Ort Untersuchungen angestellt habe. Dass sie sich sämtliche 316 Badzellen angesehen hat, behauptet auch die Klägerin nicht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht ersichtlich, warum es der Beklagten verwehrt sein sollte, in Abrede zu nehmen, dass mehr als 220 Badzellen von Schimmel befallen waren.

Schließlich bedurfte es keines Hinweises des Landgerichts, dies nicht nur deswegen, weil zwar die Hinweispflicht als verletzt gerügt, aber nach wie vor nicht vorgetragen wird, was für den Fall des Hinweises noch vorgetragen worden wäre. Richtig ist, dass die Klägerin mehrere Möglichkeiten für den Schimmelpilzbefall vorgetragen hat. Mit den Aspekten „Folie“ und „Leckagen“ hat sich der Sachverständige durchaus auseinandergesetzt, insbesondere in seiner Gutachtenergänzung vom 14. Februar 2011. Definitive Feststellungen konnte der Sachverständige dazu nicht treffen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

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