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Bauhandwerkersicherung – Beginn Verjährung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung

OLG Köln – Az.: I-11 U 186/19 – Urteil vom 17.06.2020

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 07.08.2019 – 37 O 294/18 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für Vergütungsansprüche einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen der Klägerin aus dem Bauwerksvertrag vom 21.11.2012/06.02.2013 in Höhe von 88.000,00 EUR eine Sicherheit zu leisten nach ihrer Wahl durch

– Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren,

– Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,

– Verpfändung beweglicher Sachen,

– Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind,

– Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,

– Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken,

oder

– eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes oder Kreditversicherers.

Die Hilfswiderklage wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Bauhandwerkersicherung - Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung
(Symbolfoto: Von Stokkete/Shutterstock.com)

Durch Bauvertrag vom 21.11.2012/06.02.2013 wurde die Klägerin von der Beklagten mit der Durchführung von Rohbauarbeiten bei dem Neubau eines Mehrfamilienhauses in A, B 53 beauftragt. Die Auftragssumme lautete ursprünglich auf 193.788,52 EUR netto. In die Vereinbarung einbezogen wurden u.a. auch die Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B und C.

Nach Beendigung der Arbeiten im Frühjahr 2013 erfolgte deren Abnahme spätestens im Mai 2014.

Die Schlussrechnung der Klägerin vom 28.07.2014, welche eine Gesamtwerklohnforderung von 218.456,08 EUR auswies, wurde von den Architekten der Beklagten im September 2014 geprüft und auf 198.067,67 EUR gekürzt.  Durch die Klägerin werden Abzüge in Höhe von 7.509,97 EUR sowie solche für einen Nachlass von 2 % und für die Bauwesenversicherung von 0,03 % akzeptiert. Die restlichen Kürzungen in Höhe von 12.878,44 EUR hält sie demgegenüber für unberechtigt.

Die Klägerin hat im Jahr 2015 Zahlungsklage gegen die Beklagte erhoben, die zur Zeit noch bei dem Landgericht Köln unter dem Aktenzeichen 37 O 204/15 anhängig ist.

Mit Schreiben vom 27.09.2018 forderte die Klägerin die Beklagte darüber hinaus auf, bis zum 08.10.2018 eine Sicherheit über einen Betrag von 88.000,00 EUR zu stellen, was die Beklagte ablehnte. Diese Sicherheitsforderung betreibt die Klägerin mit der vorliegenden Klage weiter.

Mit Urteil vom 20.10.2017, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der Würdigung des Streitstoffes durch das Landgericht im Übrigen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Kammer die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Sicherungsanspruch der Klägerin gem. § 648a BGB a.F. sei verjährt. Für den Verjährungsbeginn gem. § 199 BGB sei auf den Abschluss des Bauvertrages am 06.02.2013 abzustellen, so dass die dreijährige Verjährungszeit mit dem 31.12.2016 und damit bereits vor Erhebung der am 31.10.2018 zugestellten Klage vom 25.10.2018 verstrichen gewesen sei.

Mit ihren form- und fristgerecht eingelegten Berufungen greift die Klägerin dieses Urteil vollumfänglich an und begründet dies unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrages wie folgt:

Bei dem Sicherungsanspruch gem. § 648a BGB a.F. handele es sich um einen verhaltenen Anspruch, dessen Verjährung erst mit der ersten Anforderung zu laufen beginne. Vorliegend sei dies durch die erstmalige Aufforderung im Schreiben vom 27.09.2018 der Fall gewesen. Für die Frage des Verjährungsbeginns komme es dabei nicht auf eine Analogie zu § 604 Abs. 5, § 695 Abs. 2 und § 696 S. 3 BGB, sondern auf die unmittelbare Anwendung des § 271 Abs. 1 BGB an. Einer Neuregelung dieser Problematik bei Einführung des neuen Bauvertragsrechts im Jahre 2018 habe es nicht bedurft, weil die Einordnung des § 648a BGB a.F. bereits zu diesem Zeitpunkt der absolut herrschenden Meinung entsprochen habe. Die Situation der Bauhandwerkersicherung sei auch nicht mit derjenigen der Bürgschaft oder der Mietkaution vergleichbar, insbesondere könne der Auftraggeber eines Bauvertrages ohne eine dahingehende Forderung des Auftragnehmers ohne weiteres davon ausgehen, dass dieser keine Sicherheit wünsche. Ferner spreche gegen die Annahme eines verhaltenen Anspruches auch nicht das Argument, dass sich der Werkunternehmer innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des Werkvertrages Klarheit verschaffen könne, ob er eine Sicherheit verlangen wolle. Vielmehr gehe es darum, dass die frühzeitige Forderung einer Sicherheit eine erhebliche Belastung des Vertragsverhältnisses darstelle. Hinzu komme, dass die Abwicklung eines Bauvorhabens ab Abschluss des Vertrages in vielen Fällen weitaus länger als drei Jahre in Anspruch nehme und die Belastung mit den Kosten der Sicherheit gem. § 648a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. nicht unerheblich ins Gewicht falle. Daher sei dem Auftragnehmer nicht zuzumuten, nur aus Gründen der Verjährungshemmung eine Bauhandwerkersicherung nicht nur vorzeitig zu fordern, sondern darüber hinaus auch gerichtlich einzufordern. Schließlich könne die vom Landgericht vertretene Ansicht bei Nachträgen zu vielfältigen Problemen führen und im Ergebnis sogar die Konsequenz haben, dass diese gar nicht mehr gem. § 648a BGB a.F. abgesichert werden könnten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 07.08.2019 (37 O 294/18) zu verurteilen, der Klägerin für Vergütungsansprüche einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen der Klägerin aus dem Bauwerksvertrag vom 21.11.2012/06.02.2013 in Höhe von 88.000,00 EUR eine Sicherheit zu leisten nach ihrer Wahl durch

– Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren,

– Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,

– Verpfändung beweglicher Sachen,

– Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister

eingetragen sind,

– Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,

– Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken,

oder

– eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes oder Kreditversicherers.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt sie widerklagend für den Fall, dass eine zu sichernde Forderung der Klägerin als unverjährt ausgeurteilt werden sollte,

festzustellen, dass keinerlei Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus der Durchführung des Auftrags B 53 in  A gemäß Bauvertrag vom 12.11.2012/06.02.2013 bestehen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil durch Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages, wobei sie hinsichtlich der geltend gemachten Einwände zur Schlussrechnungsforderung sowie zu den Gegenansprüchen wegen Mängeln und Schäden insbesondere auf die Ausführungen in der Klageerwiderung vom 11.12.2018 (dort S. 2 – 10 = Bl. 21 – 29 d.A.) sowie im Schriftsatz vom 19.02.2019 (dort S. 3 – 13 = Bl. 78 – 88 d.A.) Bezug nimmt. Sie vertritt insbesondere die Ansicht, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in das Belieben des Auftragnehmers gestellt sein könne, durch die erstmalige Forderung der Sicherheit zugleich den Beginn der Verjährungsfrist zu bestimmen. An der Hilfswiderklage bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagte nur mit rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen die Aufrechnung erklären könne, § 648a Abs. 4 BGB.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbeteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Demgegenüber fehlt es der von der Beklagten erhobenen Hilfswiderklage bereits an der Zulässigkeit.

1.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Sicherheitsleistung gem.  § 648a BGB a.F. in voller Höhe zu.

Auf das vorliegende Vertragsverhältnis kommt gem. Art. 229 § 39 EGBGB das BGB in der vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung zur Anwendung. Bis auf kleinere redaktionelle Änderungen sowie die Einführung des sog. Verbraucherprivilegs in Abs. 6 S. 1 Nr. 1 entspricht die seit dem 01.01.2018 geltenden Regelung des § 650f BGB dem vorliegend einschlägigen § 648a BGB a.F., so dass zur Beurteilung der Rechtslage ohne weiteres auch auf die aktuelle Rechtsprechung sowie die Kommentierungen zu § 650f BGB n.F. zurückgegriffen werden kann und die Ausführungen zu § 648 a BGB a.F. zugleich auch für § 650f BGB n.F. Geltung beanspruchen.

Die Klägerin als Unternehmer eines wie hier vorliegenden Bauvertrages kann, anders als noch vor dem Forderungssicherungsgesetz, gem.  § 648a Abs. 1 S. 1 BGB a.F. von der Beklagten als Besteller Sicherheit für die vertraglich vereinbarte und noch nicht bezahlte Vergütung für ihre Werkleistungen einschließlich Nebenforderungen beanspruchen und diesen Anspruch klageweise geltend machen. Die Nebenforderungen sind mit 10 Prozent des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen. Abzusichern sind danach alle noch nicht bezahlten vertraglich vereinbarten Bauleistungen, unabhängig davon, ob diese bereits erbracht oder noch zu erbringen sind (BGH, Urt. v. 09.11.2000 – VII ZR 82/99, BGHZ 146, 24, 31;  Messerschmidt/Voit/Cramer, Privates Baurecht, 3. Auflage, § 650f Rn. 47). Überdies ist § 648a BGB a.F. auch bei einem wie hier vorliegenden VOB-Vertrag uneingeschränkt anwendbar (BGH, Urt. v. 16.04.2009 – VII ZR 9/08, NZBau 2009, 439).

a) Das Klagebegehren der Klägerin ist in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden.

 

aa) Der Klageantrag auf Sicherheitsleistung nach § 648a BGB a.F. muss die Auswahl des Sicherungsmittels allein dem Besteller überlassen; dem Besteller als Schuldner muss also im Klageantrag die Wahl eingeräumt sein, eine Sicherheit entweder in Form der gesetzlichen Sicherungsmittel nach § 232 BGB  oder in Form der in § 648a Abs. 2 BGB a.F. vorgesehenen Art zu stellen (Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB/A/B, 21. Auflage, Anh. 1 Rn. 152). Im Übrigen ist sowohl die Höhe der begehrten Sicherheit als auch anzugeben, auf welche Forderungen sich die zu leistende Sicherheit bezieht (BeckOGK/Molt, BGB, Stand: 01.01.2020, § 650f Rn. 112). All diesen Anforderungen wird der vorliegende Antrag gerecht.

bb) Entgegen der Annahme der Beklagten ist die zu sichernde Forderung zunächst rein rechnerisch schlüssig dargelegt. Selbst bei Zugrundlegung eines Gesamtwerklohnanspruches der Klägerin von 198.067,67 EUR entsprechend der von der Beklagten durchgeführten Schlussrechnungsprüfung ergibt sich nach Abzug der von der Klägerin behaupteten Abschlagszahlungen von 109.582,03 EUR, einem Nachlass von 2 % sowie der Berücksichtigung anteiliger Kosten für die Bauwesenversicherung in Höhe von 0,03 % eine Restforderung von 84.464,87 EUR, von welcher die Klägerin einen Teilbetrag von 80.000,00 EUR nebst 10 % Nebenkosten, also insgesamt 88.000,00 EUR (hier wie nachfolgend ist stets von Netto-Beträgen die Rede) geltend macht.

cc) Der Unternehmer kann sein Sicherheitsverlangen auch auf einen solchen Teilbetrag beschränken und erst später Sicherheit für den darüber hinaus gehenden Differenzbetrag verlangen. Dies gilt sowohl für die Fälle, in denen er seine Kostentragungspflicht nach § 648a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. begrenzen will, als auch für die Fälle, in denen sich der Sicherungsanspruch wegen späterer Zusatzaufträge erhöht (BeckOGK/Molt, aaO, § 650f Rn. 49).

dd) Die im Mai 2014 erfolgte Abnahme hindert das Sicherungsverlangen nicht, § 648a Abs. 1 S. 3 BGB.

ee) Ob ein wirksames Sicherungsverlangen schließlich eine vorangehende Fristsetzung erfordert, kann dahinstehen, da vorliegend eine solche in dem Schreiben der Klägerin vom 27.09.2018 erfolgt ist.

b) Auch in der Sache kann die Klägerin von der Beklagten  eine Sicherheit in der geltend gemachten Höhe von 88.000,00 EUR verlangen.

Zur Bestimmung der Höhe des Sicherungsanspruches ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allein auf den schlüssigen Vortrag des Unternehmers abzustellen (BGH, Urt. v. 06.03.2014 – VII ZR 349/12 , NJW 2014, 2186, 2188). Erhebt der Besteller gegen die schlüssige Berechnung der Vergütung bei einem Einheitspreisvertrag bestrittene Einwendungen, haben diese auf die Höhe des Sicherungsverlangens keinen Einfluss. Diesen ist insbesondere nicht durch eine Beweisaufnahme nachzugehen (BGH, aaO; Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 163). Abgesehen davon bestimmt § 648a Abs. 1 S. 4 BGB a.F., dass Gegenforderungen, mit denen gegen die Werklohnforderung aufgerechnet werden könnte, bei der Berechnung der Sicherheit nicht berücksichtigt werden, sofern sie nicht unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind.

Für die Ermittlung des bei der Klägerin bestehenden Sicherungsinteresses ist entsprechend dem nicht zu beanstandenden Ansatz der Klägerin zunächst von der geprüften Schlussrechnungssumme in Höhe von 198.067,67 EUR auszugehen, die alle bis zum September 2014 von der Beklagten erhobenen Einwände gegen die geltend gemachte Werklohnforderung berücksichtigt. Soweit die Beklagte nunmehr darüber hinausgehende Abzüge wegen weiterer streitiger Rechnungspositionen bzw. behaupteter Mängel und Schäden vornimmt, sind diese im Ergebnis in nur geringfügigem Umfang berechtigt.

aa) Unter Anwendung der o.g. Grundsätze ergeben sich aus den streitigen Rechnungspositionen 1.02, 1.4.0033, 1.07.007, 1.8.001 – 1.8.003 und 1.04.0027 keine zu berücksichtigenden Abzüge.

(1) Bei der Pos. 01.02 ist streitig, ob der abgerechnete Verbau von Beginn an beauftragt  oder aber nur deshalb ausgeführt wurde, weil der in den Statikplänen vorgesehene Erhalt einer Berme von der Klägerin nicht beachtet und deshalb einfach weggebaggert worden ist. Es kann dahinstehen, ob im Rahmen eines gem. § 648a BGB a.F. zu prüfenden Anspruches die vertraglichen Grundlagen, zu denen auch der konkret geschuldete Leistungsumfang gehört, eindeutig geklärt und von dem Unternehmer notfalls bewiesen werden muss, so dass allein für die Bemessung der Höhe des Sicherungsanspruches ein schlüssiger Vortrag des Unternehmers genügt (Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 163; OLG Hamm, Urt. v. 16.01.2017 – 17 U 111/16, BauR 2017, 1376, 1377) oder ob aus Gründen des überwiegenden Sicherungsinteresses des Unternehmers auch für den Anspruchsgrund ein schlüssiger Vortrag hinreicht (Leinemann/Hilgers, VOB/B-Kommentar, 7. Auflage, § 650f BGB Rn. 47). Denn die Klägerin hat die Beauftragung der Unterfangung durch Vorlage des Leistungsverzeichnisses hinreichend belegt. Im Hinblick darauf erweist sich der auf ein pauschales Bestreiten beschränkte Vortrag der Beklagten als unsubstantiiert und damit unbeachtlich.

(2) Soweit die Beklagte ferner die in den Pos. 1.8.001 – 003 abgerechneten Stundenlohnarbeiten in Abrede stellt, so ist auch dieser Einwand nicht zu berücksichtigen. Zum einen ergibt sich aus dem Vermerk „Entfällt“ in § 9 des Bauvertrages allein noch nicht, dass die Ausführung von Stundenlohnarbeiten generell untersagt sein sollte. Darüber hinaus hat die Klägerin aber auch zur Beauftragung und zur Ausführung der entsprechenden Arbeiten näher vorgetragen und einen unterschriebenen Rapportzettel vorgelegt. Trotz dieser detaillierten Darlegungen beschränkt sich der Vortrag der Beklagten auch hier auf ein bloß pauschales und damit unerhebliches Bestreiten.

(3) Bei allen anderen Positionen geht es lediglich um den Umfang der erbrachten Massen, die von der Klägerin ebenfalls schlüssig dargelegt worden sind. Dies gilt insbesondere für die Pos. 01.04.0033 und die Pos. 01.04.0034 betreffend die verbauten Stahlmengen, zu denen die Klägerin anhand der Anlagen K 11, 12, 13 und 15 die vorgenommenen Massenermittlungen nachvollziehbar erläutert hat. Die Beklagte hält dem lediglich theoretische Überlegungen entgegen, aus denen sich ergeben soll, dass die abgerechneten Stahlmengen zu hoch seien. Dieses Vorbringen mag u.U. die Überprüfung der abgerechneten Massen im Verfahren über die bestehende Restwerklohnforderung rechtfertigen, bei dem dann auch die Wiegescheine eine Rolle spielen mögen, ist aber nicht geeignet, den schlüssigen Klagevortrag zu erschüttern, was nicht zuletzt auch die Tatsache belegt, dass der bauleitende Architekt ohne weiteres zu einer konkreten Rechnungsprüfung dieser Positionen in der Lage war.

bb) Abschlagszahlungen der Beklagten sind auf die Schlussrechnungsforderung allein in Höhe von 109.582,03 EUR und nicht, wie von der Beklagten behauptet, in Höhe von 165.087,38 EUR zu berücksichtigen.

Soweit der Vergütungsanspruch des Unternehmers bereits erfüllt ist, besteht ein Sicherungsanspruch nicht mehr. Daher sind insbesondere geleistete Abschlagszahlungen in Abzug zu bringen (Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 175). Die Beweislast für die Erbringung der Abschlagszahlungen liegt bei dem Besteller (OLG Frankfurt, Urt. v. 10.02.2009 – 3 U 247/07, NZBau 2009, 719, 720 f; Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 278). Die in der Schlussrechnung vom 28.07.2014 enthaltene Aufstellung, auf die sich die Beklagte als Beleg für die von ihr behauptete Gesamtzahlung von 165.087,38 EUR allein bezieht, ist hingegen nicht geeignet, die Behauptung der Beklagten zu belegen. Denn zum einen erläutert die Klägerin diese Aufstellung nachvollziehbar mit dem Hinweis darauf, dass hier lediglich die bisherigen Abschlagsrechnungen aufgelistet seien. Dies ist – wie dem Senat aus einer Vielzahl von vergleichbaren Fällen bekannt ist – eine durchaus übliche Praxis, für die im vorliegenden Fall auch die Tatsache spricht, dass die entsprechende Rubrik auf S. 9 der Schlussrechnung mit „Erhaltene Abschlagszahlungen/Gestellte Rechnungen“ überschrieben ist. Selbst wenn man aus dieser Aufstellung aber einen Anschein für die erbrachten Zahlungen ableiten wollte, wäre dieser durch die Tatsache erschüttert, dass das Ergebnis der von der Beklagten vorgenommenen Schlussrechnungsprüfung vom 19.09.2014 lediglich freigegebene Abschläge in Höhe von 114.282,27 EUR ausweist und damit der Annahme einer höheren Zahlung widerspricht. Einen Beweis für die Erbringung weiter gehender Zahlungen, der ohne weiteres durch Vorlage entsprechender Überweisungsbelege hätte erbracht werden können, hat die Beklagte jedoch nicht angetreten.

cc) Der geltend gemachte Skontoabzug von 3.300,75 EUR kommt im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls nicht Betracht. Abgesehen davon, dass durch die Beklagte bereits die streitigen Voraussetzungen für einen solchen Abzug in keiner Weise dargelegt worden sind, käme ein solcher in entsprechender Anwendung des § 648a Abs 1 S. 4 BGB a.F. auch nur bei Anerkennung durch den Unternehmer oder nach rechtskräftiger Feststellung seiner Berechtigung in Betracht (Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 180; BeckOK BauvertrR/Scharfenberg, BGB, 8. Edition, Stand: 31.01.2020, § 650f Rn. 26b). Beides ist vorliegend nicht der Fall.

dd) Nichts anderes gilt für die von der Beklagten geltend gemachte Vertragsstrafe in Höhe von 10.927,30 EUR und dem wegen eines Wasserschadens geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.000,00 EUR, die beide von der Klägerin in Abrede gestellt werden (Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 180; Leinemann/Hilgers, aaO Rn. 65).

ee) In Bezug auf die eingewandten Mängel bzw. Beschädigungen ist lediglich ein Betrag von 826,40 EUR zu berücksichtigen, der von der Klägerin wegen des unterbliebenen Anschlusses der Wasserabflüsse der Wohnung Nr. 1 an den Kanal anerkannt wird. Alle übrigen Positionen, bei denen die Klägerin bereits die Leistungspflicht, den Mangel oder die Entstehung eines Schadens bestreitet, haben demgegenüber außer Betracht zu bleiben. Insoweit stehen evtl. Nacherfüllungsansprüchen die Einschränkungen des § 648a Abs. 1 S. 3 BGB a.F. und evtl. Sekundäransprüchen i.S.d. § 634 Nr. 2 – 4 BGB die fehlenden Voraussetzungen des  § 648a Abs. 1 S. 4 BGB a.F. entgegen (vgl. Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 177, 179, Messerschmidt/Voit/Cramer aaO Rn. 56). Auch wenn § 648a Abs. 1 S. 4 BGB a.F. nur von der Aufrechnung spricht, gilt diese Regelung gleichermaßen für Minderungsansprüche, so wie sie vorliegend für den angeblich falsch betonierten Pumpensumpf geltend gemacht werden (Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 178).

ff) Schließlich kann es dahinstehen, ob zwischen den Parteien die Berücksichtigung eines Sicherungseinbehaltes vereinbart worden ist. Denn ein solcher bleibt ebenfalls ohne Einfluss auf die Höhe der zu sichernden Forderung (OLG Hamm, Urt. v. 08.10.2015 – 21 U 71/15 , BauR 2016, 310; Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 160; Leinemann/Hilgers, aaO Rn. 54; Messerschmidt/Voit/Cramer, aaO Rn. 53, 55).

gg) Ausgehend von der Schlussrechnungssumme in Höhe von 198.067,67 EUR verbleibt  nach dem – auch von der Klägerin vorgenommenen – Abzug von 2,03 % für einen Nachlass sowie die Bauwesenversicherung ein Betrag von 194.046,90 EUR. Unter weiterer Berücksichtigung der Abschlagszahlungen von 109.582,03 EUR sowie der anerkannten Ersatzvornahmekosten in Höhe von 826,40 EUR verbleibt eine Restwerklohnforderung in Höhe von 83.638,47 EUR, die den geltend gemachten Sicherungsanspruch in Höhe von 80.000,00 EUR übersteigt. Zusätzlich kann die Klägerin für die entstehenden Nebenkosten gem. § 648a Abs. 1 S.1 BGB einen pauschalen Satz von 10 %, also 8.000,00 EUR verlangen, so dass sich der zu sichernde Anspruch im Ergebnis auf 88.000,00 EUR beläuft.

c) Der Sicherungsanspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Soweit das Landgericht eine gegenteilige Ansicht vertreten hat, hält diese Einschätzung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

aa) Nach einhelliger Ansicht verjährt der Anspruch auf Sicherheitsleistung gem. § 648a BGB a.F. – dies und die weiteren Ausführungen gelten gleichermaßen für § 650 f BGB n.F. – innerhalb der Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB, also binnen drei Jahren nach Abschluss des Jahres, in dem der Gläubiger (Werkunternehmer) Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners (Bestellers) erlangt hat und der Anspruch entstanden ist. In Literatur und Rechtsprechung umstritten ist allerdings die Frage, ab wann der Sicherungsanspruch gem. § 648a BGB a.F. im Sinne des § 199 BGB entstanden ist.

Eine Mindermeinung geht davon aus, dass der Anspruch auf Gewährung einer Bausicherheit gem. § 648a BGB a.F. bereits mit dem Abschluss des Bauvertrages fällig werde und daher auch die Verjährung zu laufen beginne, weil der Anspruch ab diesem Zeitpunkt geltend gemacht und eingeklagt werden könne (Schmitz, BauR 2009, 714, 715 f. und in: Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht,  Stand: 04.05.2020, § 650 f Rn. 44 f; wohl ebenfalls zu dieser Ansicht neigend: Fuchs, BauR 2012, S. 326, 336). Bei § 648a BGB a.F. handele es sich nicht um einen verhaltenen Anspruch, weil diese Norm anders als die §§ 604 Abs. 5, 695 Satz 2, 696 Satz 2 BGB keine explizite Regelung über den Verjährungsbeginn enthalte und dem Unternehmer darüber hinaus auch zuzumuten sei, sich innerhalb von mindestens drei Jahren nach Abschluss des Bauvertrags darüber klar zu werden, ob und in welcher Höhe er den Anspruch auf Sicherheit durchsetzen wolle (Schmitz, aaO).

Die heute herrschende Meinung sieht hingegen in § 648a BGB a.F. einen sog. verhaltenen Anspruch, der zwar jederzeit, aber nur auf Verlangen des Berechtigten (also des Unternehmers) zu erfüllen sei, sodass die Verjährungsfrist erst mit dem Sicherungsverlangen zu laufen beginne (OLG Hamm Urt. v. 8. 10. 2015 – 21 U 71/15, BeckRS 2015, 18756; LG München I Urt. v. 04.03.2016 – 2 O 8641/14, NJW-RR 2016, 1036; Schulze-Hagen, BauR 2010, 354, 358; Kainz BauR 2012, 420, 425 f; Palandt/Sprau, BGB,  79. Auflage, § 650 f Rn. 13; Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB/A/B, 21. Auflage, Anh. 1 Rn. 237; Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage,  9. Teil  Rn. 251; BeckOGK/Molt, BGB, Stand: 01.02.2020, § 650f Rn. 69; BeckOK/Scharfenberg, Bauvertragsrecht, Stand: 31.01.2020, § 650f Rn. 43; Messerschmidt/Voit/Cramer, Privates Baurecht, 3. Auflage, § 650f Rn. 106; Hildebrandt in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 5. Auflage, Anhang Bauhandwerkersicherheit, § 650f Rn. 88; PWW/Leupertz/Halfmeier, 14. Auflage, § 650f Rn. 5; Leinemann/Hilgers, VOB/B-Kommentar, 7. Auflage, § 650f BGB Rn. 115).

bb) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an.

Soweit die Mindermeinung anführt, dass es in § 648a BGB a.F. an einer den Vorschriften der §§ 604 Abs. 5, 695 Satz 2, 696 Satz 2 BGB vergleichbaren ausdrücklichen Regelung fehlt, so ist dem entgegenzuhalten, dass diese Bestimmungen durchaus analogiefähig sind und der Bundesgerichtshof dementsprechend auch ausdrücklich die Möglichkeit unbenannter verhaltener Ansprüche angenommen hat (BGH, Urt. v. 29.01.2008 – XI ZR 160/07, NJW 2008, 1729, 1731). Ein solcher wurde etwa in dem sich aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag ergebenden Rechenschaftsanspruch gem. §§ 675, 666 BGB gesehen (BGH, Urt. v. 03.11.2011 – III ZR 105/11, juris Rn. 29). Hintergrund für die konkreten Regelungen in den §§ 604 Abs. 5, 695 Satz 2, 696 Satz 2 BGB, die im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung in das Gesetz gelangten, war die Absicht, Klarheit über den ansonsten unsicheren Beginn der Verjährung für die jeweilige Rückgabe- bzw. Rücknahmepflicht zu schaffen. Die Notwendigkeit für derartige Regelungen ergab sich mit der allgemeinen Einführung der dreijährigen Verjährungsfrist. Zuvor verjährten diese verhaltenen Ansprüche in 30 Jahren. Der Gesetzgeber verortete im Übrigen das Problem bei der Entstehung des Anspruches und verzichtete daher auf eine allgemeine Regelung innerhalb der §§ 194 ff BGB (BT-DS Drucksache14/6040, S. 258). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber damit eine abschließende Kodifizierung aller verhaltenen Ansprüche vornehmen wollte. Eine solche Annahme wäre nur dann berechtigt, wenn der Gesetzgeber angezeigt hätte, das Problem gesehen und diesbezüglich eine bewusste Entscheidung getroffen zu haben. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. § 648a BGB a.F. wurde zum 01.01.2002 nicht geändert. Hier konnte das Problem aber auch noch nicht auftreten, bestand damals doch noch kein durchsetzbarer Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung. Ein solcher wurde erst mit dem Forderungssicherungsgesetz zum 01.01.2009 geschaffen, ohne dass das Problem eine Erwähnung gefunden hätte (vgl. BT-DS 16/511 S. 17). Nichts anderes gilt für die Einführung des Bauvertragsrechts zum 01.01.2018, die abgesehen von einer anderen Verortung des Anspruchs lediglich zu geringfügigen Modifizierungen der nunmehr in § 650f BGB n.F. enthaltenen Regelung geführt hat. (vgl. BR-Drucksache 123/16 vom 11.03.2016, S. 63 f).

Dem zweiten Argument, für den Unternehmer bestehe innerhalb von 3 Jahren die hinreichende Möglichkeit, sich darüber klar zu werden, ob er die Sicherheit geltend machen wolle, steht die Tatsache entgegen, dass es häufig komplexe und langwierige Bauvorhaben gibt, bei denen sich erst zu einem späten Zeitpunkt die Notwendigkeit einer Bausicherheit herausstellt. Eine frühzeitige, nur aus Verjährungsgründen – vielleicht sogar prozessual – geltend gemachte Sicherheitsforderung, steht auf der anderen Seite nicht nur der auf Konsens ausgerichteten Kooperationspflicht der Parteien entgegen, sondern würde überdies auch unnötige – nicht unerhebliche – Kosten verursachen (BeckOGK/Molt, BGB, Stand 01.01.2020, § 650f Rn. 69; Leinemann/Hilgers, aaO, OLG Hamm aaO). Die Entscheidung darüber, ob und auch in welcher Höhe ein Sicherheitsverlangen geboten ist, entscheidet sich in der Regel erst einige Zeit nach dem Abschluss des Bauvertrages. Insoweit entspricht die Interessenlage derjenigen des Rechenschaftsanspruches, welcher als verhaltener Anspruch anerkannt ist (BGH, Urt. v. 03.11.2011 – III ZR 105/11, juris Rn. 29).

Demgegenüber sprechen sowohl systematische Gründe als auch das jeweilige Schutzinteresse beider Parteien – auf welches der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang vornehmlich abstellt – für die Annahme eines verhaltenen Anspruches.

Der Regierungsentwurf hatte bei Schaffung des § 199 BGB in der heutigen Fassung vorgesehen, für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit der Forderung abzustellen (vgl. BT-Drs. 14/6040, 108). Abgesehen vom Schadensrecht wird dementsprechend auch stets von der Fälligkeit des Anspruches als Verjährungsbeginn ausgegangen. Die Fälligkeit einer Forderung liegt nun aber nach § 271 Abs. 1 BGB dann vor, wenn nicht nur der Gläubiger die Leistung sofort begehren, sondern der Schuldner diese auch sofort erbringen kann, ohne dass der Gläubiger berechtigt wäre, diese zurückzuweisen, ohne hierdurch in Annahmeverzug zu geraten. Für einen Anspruch gem. § 648a BGB a.F. gilt insoweit, dass der Auftragnehmer die Sicherheit zwar bereits ab dem Abschluss des Bauvertrages verlangen, der Auftraggeber ihm eine solche aber seinerseits nicht einseitig aufdrängen darf. Dies ist zwar so nicht ausdrücklich normiert, ergibt sich aber aus der Kostentragungsregelung des § 648a Abs. 3 Satz 1 BGB a.F., wonach der Unternehmer dem Besteller die üblichen Kosten der Sicherheitsleistung bis zu einem Höchstsatz von 2 % für das Jahr zu erstatten hat. Wäre der Besteller befugt, jederzeit die Sicherheit zu stellen, könnte er dem Unternehmer eine von diesem nicht veranlasste Kostenlast aufdrängen (Schulze-Hagen, aaO, Leinmann/Hilgers, aaO).

Dies spricht dafür, dass der Sicherungsanspruch erst mit dem erstmaligen Verlangen durch den Unternehmer fällig wird. Dieser Ansatz dient überdies dem schutzwürdigen Interesse beider Parteien. Denn nur auf diese Weise wird das auf Kooperation ausgerichtete Miteinander der Vertragsparteien nicht gefährdet und die Entstehung unnötiger Kosten wie auch die Schwierigkeiten über die Beantwortung der Frage, wann der Sicherungsanspruch für evtl. Zusatzaufträge entstehen würde, vermieden bzw. erheblich reduziert. Auch das Leistungsverweigerungsrecht aus § 648a Abs. 5 S. 1 BGB a.F. liefe ansonsten in den Fällen leer, in denen ein Sicherungsbedürfnis – wie hier – erstmals nach vollständiger Leistungserbringung zutage tritt.

cc) Konkret bedeutet das, dass die dreijährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB am Ende des Jahres beginnt, in dem das Sicherungsverlangen erstmals gestellt wurde,   § 199 Abs. 1 BGB. Dies war vorliegend aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 27.09.2018 der Fall, mit dem sie die Beklagte aufforderte, bis zum 08.10.2018 eine Sicherheit über einen Betrag von 88.000,00 EUR zu stellen. Da die Klage alsdann bereits am 26.10.2018 erhoben und am 30.10.2018 zugestellt wurde, liegt eine Verjährung nicht vor.

d) Das Sicherungsverlangen der Klägerin stellt sich schließlich auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar. Insbesondere wäre nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin mit ihrer Forderung nicht nur ihr Sicherungsinteresse, sondern darüber hinaus auch andere Motive verfolgen und etwa die Bauhandwerkersicherung als Druckmittel im Rahmen der im Parallelverfahren ausgetragenen Streits um die Höhe der berechtigten Werklohnforderung einsetzen würde (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2017 – VII ZR 34/15, NJW 2018, 549, 550 Rn. 28). Die lange Dauer der zwischen den Parteien geführten Auseinandersetzung spricht im Übrigen gerade für ein nachvollziehbares Bedürfnis auf Sicherung der bestehenden Werklohnforderung.

e) Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 28.05.2020 gibt keine Veranlassung zur einer abweichenden Entscheidung oder zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Zum einen wird durch diesen Schriftsatz lediglich verbunden mit dem Hinweis darauf, dass nunmehr einige der Schlussrechnungspositionen zu korrigieren sein dürften, ein Gutachten des Sachverständigen T. aus dem Verfahren 37 O 204/15 vorgelegt, ohne dass erläutert würde, welche Positionen hierdurch in welcher Weise tangiert sein sollen. Zum anderen ist dieser Einwand aus den genannten Gründen aber auch unerheblich, weil er an dem schlüssigen Vortrag der Klägerin – auf den es im vorliegenden Zusammenhang allein ankommt – in dem hier angenommenen Umfang nichts zu ändern vermag. Darüber hinaus steht allein aufgrund des vorgelegten Gutachtens auch noch nicht fest, in welcher Weise die dortigen Feststellungen im Ergebnis in eine – rechtskräftige – Entscheidung zum Werklohn einfließen werden.

2.

Die von der Beklagten erhobene Hilfswiderklage, die für den hier gegebenen Fall erhoben wird, dass eine Verjährung des Klageanspruches nicht eingetreten ist, erweist sich als unzulässig und ist daher zu verwerfen.

Wie aufgezeigt, bleiben streitige Gegenansprüche, mit denen der Besteller gegen den Anspruch des Unternehmers auf Vergütung aufrechnen kann, in einem Anforderungsprozess nach der ausdrücklichen Regelung in § 648a Abs. 1 S. 4 BGB a.F. unberücksichtigt. Wegen dieser klaren gesetzlichen Vorschrift scheidet in einem dazu geführten Anforderungsprozess gleichfalls deren Geltendmachung im Wege einer Widerklage aus. Zwar stünden etwaige Gegenansprüche nach § 33 ZPO  durchaus in einem Sachzusammenhang mit der erhobenen Klage auf Sicherheit zu der offenen Vergütung. Jedoch ist deren Zulassung ausgeschlossen, weil es jeweils nur um einen vom Gesetz erlaubten Zusammenhang gehen kann. Aus diesem Grund muss das damit verfolgte Verteidigungsmittel auch sachlich zulässig sein, was es gerade wegen der eindeutigen Regelung in § 648a Abs. 1 S. 4 BGB a.F. nicht ist (Ingenstau/Korbion/Joussen, aaO Rn. 149; LG Duisburg, Urt. v. 21.06.2012 – 21 O 27/12, NZBau 2012, 705, 706). Hinzukommt, dass das Rechtsschutzziel der Widerklage zugleich mit dem Klageabweisungsantrag im Parallelrechtsstreit erfüllt wird. Eine nach der Leistungsklage erhobene negative Feststellungsklage über denselben Anspruch ist, weil ihr Streitgegenstand von der Leistungsklage umfasst wird, schon wegen der anderweitigen Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage, § 256 ZPO, Rn. 16). Schließlich widerspricht die negative Feststellungsklage auch dem Charakter des Sicherungsverfahrens, welches ähnlich dem einstweiligen Verfügungsverfahren auf eine möglichst schnelle Abwicklung gerichtet ist. Dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist jedoch eine Widerklage fremd (Schultzky i n: Zöller, Zivilprozessordnung, aaO, § 33 ZPO Rn. 23).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S.1, Hs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO (vgl. BeckOK/Ulrici, ZPO, 36. Edition, Stand: 01.03.2020, § 708 Rn. 23.1).

Der Gegenstandwert der Berufung wird auf 88.000,00 EUR festgesetzt (BeckOGK/Molt, BGB, Stand: 01.01.2020, § 650f Rn. 117 mwN). Die Hilfswiderklage wirkt nicht streitwerterhöhend (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Denn die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die streitentscheidende Rechtsfrage, ab wann die Verjährungsfrist i.S.d. § 199 BGB bei einem Anspruch auf Sicherung der Werklohnforderung gem. §§ 648a BGB a.F./650f BGB n.F. beginnt, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden und berührt aufgrund der Vielzahl der einschlägigen Fälle und der kontroversen Diskussion in Literatur und Rechtsprechung das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Handhabung des Rechts.

 

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