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Arbeitslosigkeitszusatzversicherung – vorsätzliche bzw. grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung

LG Hagen – Az.: 10 O 56/18 – Urteil vom 08.01.2020

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.996,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.05.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 92 % und die Beklagte zu 8 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz für die Nichtzahlung der durch eine Arbeitslosigkeitszusatzversicherung versicherten Darlehensraten für den Zeitraum April 2015 bis einschließlich Dezember 2015.

Unter dem 30.09.2013 schloss der Kläger mit der B (nachfolgend: Bank) einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 32.500,00 EUR nebst 9,90 Prozent Zinsen p.a.. Geschuldet war eine monatliche Darlehensrate in Höhe von 531,61 EUR, die jeweils zum 15. des Monats fällig war. Gleichzeitig schloss die Bank am 30.09.2013 als Versicherungsnehmerin für den Kläger als versicherte Person mit der Beklagten unter Geltung der ALV eine Arbeitslosigkeitszusatzversicherung, mit der die gegenüber der Bank geschuldeten Darlehensraten bei Arbeitslosigkeit abgesichert waren. Der Versicherungsvertrag sah eine Versicherungsdauer bis zum 30.09.2020 vor. Ferner sollten die Versicherungsleistungen erstmals erbracht werden, nachdem die Arbeitslosigkeit drei Monate ununterbrochen angedauert hat („Karenzzeit“, § 2 Abs. 5 ALV). Der Versicherungsbeitrag wurde von dem Kläger über die Bank an die Beklagte bezahlt. Der Kläger war dabei als versicherte Person im Sinne des § 44 Abs. 1 VVG der Versicherung anspruchsberechtigt.

Zum 31.12.2014 wurde der Kläger arbeitslos und bezog ab Januar 2015 fortlaufend Arbeitslosengeld. Er beantragte daher Leistungen aus der Arbeitslosigkeitszusatzversicherung. Die Bank meldete als Versicherungsnehmerin den Versicherungsfall bei der Beklagten, die mit Schreiben vom 03.12.2014 an den Kläger weitere Unterlagen zur Bearbeitung des Versicherungsfalls anforderte. Die angeforderten Unterlagen legte der Kläger der Beklagten über die Bank im Original vor. Am 29.01.2015 zeigte der Kläger über die Bank bei der Beklagten durch Übersendung des zugesendeten Formulars seine dauernde Arbeitslosigkeit an.

Die Bank riet dem Kläger, sich nach Ablauf der Karenzzeit von drei Monaten erneut bei ihr zu melden, falls er bis dahin keine neue Arbeitsstelle gefunden habe.

Mit Schreiben vom 19.01.2015 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Leistungspflicht frühestens mit der nächsten Rate nach Ablauf der Karenzzeit beginne. Im Falle des Klägers war dies der 01.04.2015. Dieses Schreiben erhielt der Kläger.

Mit Schreiben vom 13.02.2015 wies die Beklagte nochmals darauf hin, dass die Vorlage entsprechender Kontoauszüge, also ein monatlicher Beleg dafür, dass tatsächlich auch ALG I bezogen wurde, Voraussetzung dafür sei, dass Leistungen erbracht werden könnten. Die Übermittlung der Unterlagen durch den Kläger erfolgte zunächst nicht, sodass die Bank mit Schreiben vom 30.06.2015 das Darlehen gegenüber dem Kläger aufgrund des Zahlungsrückstandes zum 14.07.2015 kündigte und die ausstehende Restschuld in Höhe von 28.905,03 EUR fällig stellte (Anl. A 11). Im August 2015 kündigte die Bank zudem das Konto des Klägers zum 14.10.2015. Dieses sah einen Dispositionskreditrahmen von 1.100,- EUR vor, der zur Bezahlung der Kreditraten zum 15. eines jeden Monats, wie im Februar und März 2015 geschehen, wegen der dreimonatigen Karenzzeit im Versicherungsvertrag mit der Beklagten gewährt worden war.

Im Weiteren veräußerte die Bank die Darlehensforderung an die M (nachfolgend: M). E forderte den Kläger mit Schreiben vom 21.08.2015 zur Zahlung eines Außenstandes von 30.170,81 EUR auf. Dieser setzte sich zusammen aus der restlichen Darlehensforderung in Höhe von 28.905,03 EUR sowie den Inkassokosten in Höhe von 1.141,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 123,88 EUR (Anl. A 9). Es folgten Mahnungen der M.

Zum 31.12.2015 endete der Arbeitslosengeldanspruch des Klägers. Ab Januar 2016 wäre der Kläger in der Lage gewesen, den Kredit weiter zu bedienen. Für das Darlehen fielen seit dem 15.07.2015 Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an. Für das fällig gestellte Darlehen des Dispositionskredits fielen seit dem 15.10.2015 Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an.

Nach Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch den Kläger zahlte die Beklagte im Juli 2017 Versicherungsleistungen in Höhe von 4.784,49 EUR zu Gunsten des ihr bekannten Finanzierungskontos des Klägers an die Bank. Die Zahlung zeigte die Beklagte gegenüber dem Kläger an. Der Kläger forderte Zahlung an sich selbst. Da das Konto des Klägers bei der Bank nicht mehr existierte, wurde die von der Beklagten geleistete Zahlung zurückgebucht. Die Beklagte hatte keine Kenntnis von der Kündigung des Kontos. Nach Rücksprache teilte die Bank der Beklagten eine Bankverbindung mit, auf die die Versicherungsleistungen gezahlt werden sollten. Die Beklagte zahlte daraufhin den Betrag auf das ihr nunmehr genannte Konto erneut und unterrichtete den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 11.07.2017 über die erneute Zahlung.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.07.2017 (Anl. BLD 21) machte der Kläger gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche infolge der Kündigung des Darlehens geltend. Die Beklagte wies die Ansprüche mit Schreiben vom 01.08.2017 zurück (Anl. BLD 22).

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe infolge der Nichtzahlung der versicherten Darlehensraten durch die Beklagte Schadensersatz zu.

Die Beklagte habe durch die Nichtzahlung der Versicherungsleistungen eine Pflichtverletzung begangen. Insbesondere seien die Versicherungsleistungen fällig gewesen. Es bestehe keine Obliegenheit des Klägers, monatliche Arbeitslosengeldzahlungen gegenüber der Beklagten zu belegen. Eine solche Pflicht ergebe sich nicht aus § 7 Abs. 1 der ALV. Selbst wenn sich aus den Versicherungsbedingungen eine derartige Obliegenheit des Klägers ergeben würde, wäre die Beklagte darüber hinaus nicht leistungsfrei geworden, denn nach § 7 Abs. 5 ALV trete eine Leistungsfreiheit nur im Falle eines vorsätzlichen Obliegenheitsverstoßes ein.

Er, der Kläger, habe einen Anspruch auf die Versicherungsleistungen. Die Zahlung der Versicherungsleistungen durch die Beklagte sei nicht an ihn als Berechtigten erfolgt, sondern zugunsten eines Kontos einer anderen Partei. Die Bank sei durch den Verkauf der Darlehensforderung befriedigt, dadurch sei er die bezugsberechtigte Person für die Versicherungsleistung.

Der Kläger behauptet, ihm sei ein Zinsschaden in Höhe von insgesamt 5.164,08 EUR entstanden. Dieser setze sich zusammen aus einem Zins- und einem Tilgungsanteilschaden, den der Kläger für die einzelnen Monate ausrechnet. Hinsichtlich der Berechnung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 02.12.2019 (Bl. 277 ff. d. A.) Bezug genommen. Der Kläger ist insbesondere der Ansicht, aufgrund der vorzeitigen Fälligstellung des Darlehens sei die bestehende Restschuld in Höhe von 28.905,63 EUR mit 9,9 Prozent Zinsen p.a. verzinst worden, sodass ihm dadurch ein jährlicher Zinsschaden entstanden sei.

Der Kläger behauptet, darüber hinaus seien Inkassokosten in Höhe von 1.141,90 EUR sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.192,61 EUR angefallen. Sein materieller Schaden belaufe sich derzeit auf 13.029,42 EUR.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.326,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 28.905,03 EUR seit dem 15.07.2015, aus 962,55 EUR seit dem 15.10.2015, aus 1.141,90 EUR seit dem 21.08.2015, aus 124,00 EUR seit dem 27.11.2015 und aus 4.192,61 EUR seit Rechtshängigkeit sowie die Nebenforderung in Höhe von 571,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, es liege keine Pflichtverletzung vor, da die Versicherungsleistung erst nach Übermittlung der Kontoauszüge fällig geworden sei. Die vereinbarten Versicherungsbedingungen enthielten das Recht, Belege für das geleistete Arbeitslosengeld zu fordern.

Einen kausalen Schaden habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Sie habe die Versicherungsleistung für die Zeit von April bis Dezember 2015 nachträglich erbracht. Der behauptete Schaden der gesamten Darlehensvaluta sei nicht kausal. Der Kläger könne nicht bessergestellt werden, als er nach dem Darlehensvertrag stehe. Nach diesem schuldete er die Tilgung der Darlehensvaluta. Allenfalls könnten dem Kläger die Rechtsverfolgungs- und Zinskosten als Schadensersatz angefallen sein.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Die Klage ist der Beklagten am 02.05.2018 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Höhe von 2.996,52 EUR.

1.

Zwischen den Parteien besteht ein Schuldverhältnis, denn dem Kläger stehen als mitversicherte Person im Sinne des § 44 VVG die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu. Die zwischen der Beklagten und der Bank geschlossene Arbeitslosigkeitszusatzversicherung stellt eine Versicherung auf fremde Rechnung dar.

Die Beklagte hat durch die Nichtzahlung der Darlehensraten eine Pflicht aus dem Versicherungsvertrag verletzt. Sie war gemäß § 1 ALV zur Zahlung der Darlehensraten im Zeitraum von April bis September 2015 verpflichtet. In diesem Zeitraum war aufgrund der Arbeitslosigkeit des Klägers ein Versicherungsfall eingetreten, § 2 Abs. 4 ALV. Aufgrund der dreimonatigen Karenzzeit (§ 2 Abs. 5 ALV) begann die Zahlungspflicht der Beklagten zum 15.04.2015.

Der Beklagten stand auch kein Leistungsverweigerungsrecht aufgrund einer Obliegenheitsverletzung des Klägers zu. Es kann insoweit offenbleiben, ob dem Kläger eine Obliegenheitsverletzung deswegen vorzuwerfen ist, weil er keine Belege für den Bezug von Arbeitslosengeldes vorgelegt hat, denn eine etwaige Obliegenheitsverletzung des Klägers führt nicht zu einer Leistungsfreiheit der Beklagten. Es fehlt an einem Hinweis im Sinne des §§ 7 Abs. 4, 5 ALV.

Gemäß § 7 Abs. 4 ALV führt nur die vorsätzliche Verletzung einer Mitwirkungsobliegenheit zur Leistungsfreiheit des Versicherers. Im Falle der grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer lediglich zu Kürzung der Leistung berechtigt. § 7 Abs. 5 ALV verlangt einen Hinweis auf diese Rechtsfolge, der durch gesonderte Mitteilung in Textform zu erfolgen hat. Die Formulierungen in den Schreiben der Beklagten vom 19.01.2015 (Anlage BLD 5, Bl. 72 d. A.) und vom 13.02.2015 (Anlage BLD 8, Bl. 83 d. A.) genügen diesen Anforderungen nicht, denn sie enthalten keinen konkreten Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung. Die Schreiben enthalten weder einen Hinweis auf den Entfall der Leistungspflicht noch auf die unterschiedlichen Abstufungen hinsichtlich des Grades des Verschuldens seitens des Versicherten. In den Schreiben wird der Kläger allein darauf hingewiesen, dass Voraussetzung einer Zahlung die Übersendung der angeforderten Belege sei. Insbesondere aus dem Schreiben vom 19.01.2015 lässt sich nicht entnehmen, dass die Nichtübersendung der Belege eine Leistungsfreiheit der Beklagten zur Folge haben kann. Vielmehr heißt es in dem Schreiben: „Die Leistungspflicht beginnt mit der nächsten Ratenfälligkeit. In diesem Falle ist dies der 01.04.2015“.

Diese Pflichtverletzung hatte die Beklagte auch zu vertreten, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Tatsachen, die eine Entlastung begründen, hat die insofern darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargetan.

2.

Ein Schaden ist dem Kläger allerdings nur in Höhe von 2.996,52 EUR entstanden.

Die Inkassokosten stellen einen ersatzfähigen Schaden dar, § 249 Abs. 1 BGB. Diese sind in Höhe von 1.141,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 123,88 EUR (Anl. A 9) von der Beklagten zu erstatten.

Hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten besteht ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB, da die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts aufgrund der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich und zweckmäßig war. Dabei war sowohl ein Vorgehen gegen die Inanspruchnahme aufgrund der Kündigung des Darlehens als auch gegen die Schufa-Eintragung erforderlich.

Erstattungsfähig ist insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.730,74 EUR. Durch die Verteidigung gegen die Inanspruchnahme aufgrund der Kündigung des Darlehens sind dem Kläger Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 EUR entstanden. Diesbezüglich ist nur eine 1,3 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) angefallen, da es sich bei der Verteidigung gegen die Darlehenskündigung und gegen die Zahlungsaufforderung der M um denselben Gegenstand handelt. Auszugehen ist insofern von einem Gegenstandswert von 30.170,81 EUR. Die Kosten in Höhe von 1.474,89 EUR setzen sich zusammen aus der Geschäftsgebühr i.H.v. 1.219,40 EUR (1,3 x 938,00 EUR) + 20,00 EUR Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) + 235,49 EUR (19 Prozent Umsatzsteuer).

Aufgrund des Vorgehens gegen den Schufa-Eintrag sind weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 EUR angefallen. Diesbezüglich war ein Gegenstandswert in Höhe 2.000,00 EUR zugrunde zu legen (KG (26. Senat), Beschluss vom 02.11.2016 – Az. 26 U 9/16, BeckRS 2016, 19888). Der Kläger ist weder Kaufmann noch ist sonst ersichtlich, dass er durch den Schufa-Eintrag besonders belastet ist. Die Kosten in Höhe von 255,85 EUR setzen sich zusammen aus der Geschäftsgebühr i.H.v. 195,00 EUR (1,3 x 150,00 EUR) + 20,00 EUR Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) + 40,85 EUR (19 Prozent Umsatzsteuer).

Der Kläger hat darüber hinaus keinen Anspruch auf den von ihm geltend gemachten Zins- und Tilgungsanteilschaden. Insoweit fehlt es an einem Vortrag in Bezug auf den Eintritt eines konkreten Schadens. Der Kläger ist für den Schadenseintritt darlegungs- und beweisbelastet.

Der geltend gemachte Zinsschaden beinhaltet zunächst Zinsen, die der Kläger für die Tilgung seines Darlehens bei der Deutschen Bank sowieso aufzuwenden hatte. Die Zahlung der Darlehenssumme ist zuvörderst die Verpflichtung des Klägers. Dies betrifft den vertraglichen Sollzins in Höhe von 9,9 Prozent p.a.. Dieser Zinssatz ist allein aufgrund des Darlehensvertrages geschuldet und wird nicht durch die Kündigung des Darlehens ausgelöst. Die Kündigung des Darlehens könnte nur dazu führen, dass der Kläger zur Leistung eines Verzugszinses in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verpflichtet ist, § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Ein Zins- oder Tilgungsanteilschaden für den Zeitraum von April bis Dezember 2015 ist dem Kläger auch deswegen nicht entstanden, weil die Beklagte die Darlehensraten für diesen Zeitraum vollständig bezahlt hat. Sie hat insofern einen Betrag in Höhe von 4.789,49 EUR geleistet. Dieser umfasst auch die vertraglich geschuldeten Sollzinsen.

Im Übrigen berechnet der Kläger seinen Schaden rein fiktiv. Dies stellt keine ersatzfähige Schadensposition dar, § 249 Abs. 1 BGB. Es ist grundsätzlich möglich, dass dem Kläger aufgrund der vorzeitigen Fälligstellung des Darlehens ein Schaden erwächst. Hierfür kommen u.a. Verzugszinsen oder mögliche Vollstreckungskosten in Betracht. Dass E gegenüber dem Kläger Verzugszinsen geltend gemacht oder bereits Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hat, trägt der Kläger jedoch nicht vor. Nach dem Vortrag des Klägers nimmt E diesen auf Zahlung von 30.170,81 EUR in Anspruch (Anl. A 9). Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der restlichen Darlehenssumme in Höhe von 28.905,03 EUR sowie den erstattungsfähigen Inkassokosten (1.141,90 EUR) nebst Zinsen (123,88 EUR). Die Geltendmachung der restlichen Darlehensforderung stellt keinen ersatzfähigen Schaden dar, denn der Kläger ist zur Zahlung dieses Betrages aufgrund des Darlehensvertrages verpflichtet.

3.

Der Schadensersatzanspruch war nicht gemäß § 254 Abs. 1 BGB aufgrund eines Mitverschuldens des Klägers zu kürzen.

Ein Mitverschulden des Klägers aufgrund der Nichtvorlage der angeforderten Belege hinsichtlich des Bezuges von Arbeitslosengeld scheidet aus. Es kann dahinstehen, ob dem Kläger insoweit eine Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen ist, denn die Verletzung der Mitteilungspflicht nach §§ 7 Abs. 4, 5 ALV seitens der Beklagten überwiegt. Ein Mitverschuldensvorwurf kann dem Kläger deswegen nicht gemacht werden, weil die Beklagte ihn nicht auf die Rechtsfolgen der Nichtübersendung der Belege hingewiesen hat. Der Kläger konnte nicht erkennen, dass die Beklagte die Versicherungsleistungen nicht erbringen wird, wenn er die angeforderten Belege nicht übersendet.

Soweit ein Mitverschulden des Klägers darin gesehen werden kann, dass sich dieser erst mit Schreiben vom 27.04.2017 bei der Beklagten meldete, obwohl das Darlehen bereits zum 14.07.2015 gekündigt worden war, ist dieses Verhalten nicht ursächlich für die zugesprochenen Schäden geworden. Sowohl die Inkassokosten als auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten wären auch angefallen, wenn der Kläger sich rechtzeitig an die Beklagte gewandt hätte. Die Abtretung an E ist bereits kurz nach der Kündigung im August 2015 erfolgt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Abtretung an E durch eine rechtzeitige Information an die Beklagte seitens des Klägers hätte verhindert werden können.

II.

Der Kläger hat darüber hinaus gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistungen an sich selbst.

Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Arbeitslosigkeitszusatzversicherung, denn nach der einschlägigen Regelung des § 2 Abs. 8 ALV sind Leistungen aus dem Versicherungsverhältnis an den Versicherungsnehmer (Darlehensgeber) zu Gunsten des Finanzierungskontos zu erbringen, es sei denn, dieser nimmt eine andere Bestimmung vor. Voraussetzung für ein eigenes Bezugsrecht des Klägers wäre demnach, dass die darlehensgebende Bank gegenüber der Beklagten eine andere Bestimmung vorgenommen hat. Hier ist es zwischen den Parteien unstreitig, dass keine Abänderung des Bezugsrechts zugunsten des Klägers erfolgt ist, insbesondere auch nicht nach dem Verkauf der Darlehensforderung durch die Bank.

Nach dem Vorstehenden durfte die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag an die darlehensgebende Bank leisten. Mit dieser Leistung ist die Verbindlichkeit der Beklagten gegenüber dem Kläger sowie der Verbindlichkeit des Klägers gegenüber der Bank erfüllt.

Den klägerischen Vortrag unterstellend, dass die Bank bereits durch den Verkauf der Darlehensforderung befriedigt wurde und somit eine Zahlung der Beklagten ohne Rechtsgrund erfolgt sei, begründet dies auch keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten. Denn aus Sicht der Bank stellte die Zahlung der Beklagten bereicherungsrechtlich eine Leistung des Klägers dar. Es ist ein Anweisungsfall gegeben, da der Kläger die Beklagte für den Fall seiner Arbeitslosigkeit angewiesen hat, für ihn die Darlehensraten bei der Bank zu bedienen. Die Zahlung der Beklagten an die Bank stellte zum einen eine Leistung des Klägers an die Bank dar und zum anderen kam die Beklagte gegenüber dem Kläger ihrer vertraglichen Verpflichtung aus der Arbeitslosigkeitszusatzversicherung nach.

Der Bereicherungsausgleich vollzieht sich in Anweisungsfällen entlang den Leistungsbeziehungen. Demnach kann der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung gem. § 812 Abs. 1 S.1, 1. Alt. BGB nur gegenüber der Bank geltend machen, wenn eine rechtsgrundlose Zahlung der Beklagten gegeben sein sollte.

Weiterhin durfte die Bank als Versicherungsnehmerin nach § 2 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 ALV bestimmen, dass die Zahlung auf das Konto eines Dritten erfolgen sollte. Nach Zahlung an die Zessionarin verblieb auch kein an den Kläger auszuzahlender Betrag im Sinne des § 2 Abs. 8 Satz 2 ALV.

III.

Schließlich war dem Kläger die begehrte Schriftsatzfrist auf die Ausführungen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2020 nicht zu gewähren, da hierzu kein Anlass bestand.

Eine Schriftsatzfrist zu Hinweisen des Gerichts ist nach den Voraussetzungen des § 139 Abs. 5 ZPO zu erteilen. Im Wege einer Auslegung nach dem Zweck der Vorschrift ist jedoch ein Schriftsatznachlass nicht zu gewähren, wenn dem Kläger ausreichend Gelegenheit zur Reaktion auf den Hinweis gegeben worden ist und damit sein Anspruch auf rechtliches Gehört gewahrt wurde (Zöller/Greger, 33. Aufl., ZPO § 139 Rn. 14).

Dies war vorliegend der Fall, denn die Kammer hat den Kläger bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2018 (Bl. 186 f. d. A.) sowie mit dem schriftlichen Vergleichsvorschlag vom 08.02.2019 (Bl. 205 f. d. A.) ausdrücklich auf die Schadenproblematik hingewiesen. Mit Blick auf die Neutralitätspflicht des Gerichts besteht keine weitergehende Verpflichtung der Kammer aufzuzeigen, wie der Schaden im Einzelnen zu berechnen ist.

IV.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zinsen seit Rechtshängigkeit, §§ 291, 288 BGB. Die Klage ist der Beklagten am 02.05.2018 zugestellt worden.

Ein darüber hinausgehender Zinsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Ein solcher ergibt sich nicht aus Verzug, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Es mangelt insoweit an einem Verzug der Beklagten. Der Kläger hat die Beklagte nicht mit Schreiben vom 31.05.2015 hinsichtlich des zugesprochenen Betrages in Verzug gesetzt, denn das Schreiben enthielt die Aufforderung zur Zahlung von 6.204,84 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Versicherungsleistung in Höhe von 4.789,49 EUR, auf die der Kläger keinen Anspruch hat, sowie Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR, die der Kläger nicht geltend macht. Auch hat der Kläger die Beklagte nicht mit Schreiben vom 20.07.2017 (Anl. BLD 21) in Verzug gesetzt. In dem Schreiben wird die Beklagte weder zur Zahlung eines konkreten Betrages aufgefordert noch wird ihr eine Zahlungsfrist gesetzt. Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

V.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.

VI.

Der Streitwert wird auf 35.326,09 EUR festgesetzt.

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