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Altersvorsorgevertrag – Kürzung des Rentenfaktors

Ein richtungsweisendes Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart stellt einem Versicherungsunternehmen ein Bein: Die Richter erklärten eine Klausel in Riester-Verträgen, die eine einseitige Kürzung der Rente erlaubte, für unwirksam. Die Rechtsentscheidung hebt die Rechte der Verbraucher hervor und setzt neue Maßstäbe für faire Vertragsbedingungen in der Rentenversicherung. Die weitreichenden Folgen könnten die gesamte Branche zur Überarbeitung ihrer Klauseln zwingen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Stuttgart
  • Datum: 30.01.2025
  • Aktenzeichen: 2 U 143/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Versicherungsvertragsrecht
  • Rechtsbereiche: Verbraucherrecht, Versicherungsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Kläger: Verbraucher, der gegen die Verwendung einer bestimmten Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der A. RiesterRente vorgeht. Er beanstandet, dass die Klausel Verbrauchern bei fondsgebundenen Rentenversicherungsverträgen unangemessene Nachteile bringt.
    • Beklagte: Anbieterin der fondsgebundenen Rentenversicherungsverträge der A. RiesterRente, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel verwendet, die es ihr ermöglicht, die Rentenzahlung unter bestimmten, unvorhersehbaren Umständen zu senken.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Es ging um die Streitigkeit über die Zulässigkeit einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit fondsgebundenen Rentenversicherungsverträgen. Die Klausel sieht vor, dass bei unvorhersehbaren Änderungen der Lebenserwartung der Versicherten oder bei einem erheblichen und längerfristigen Renditeeinbruch die monatliche Rente herabgesetzt werden darf, um die Rentenzahlung dauerhaft zu garantieren.
    • Kern des Rechtsstreits: Wesentlich ist die Frage, ob die besagte Klausel den Vorgaben des Verbraucherschutzes gemäß § 13 BGB entspricht und ob es zulässig ist, solche Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Das Urteil ändert das vorherige Landgerichts Urteil dahingehend, dass der Beklagten untersagt wird, sich auf die beanstandete oder inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berufen. Ferner wird der Beklagten angedroht, für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro (ersatzweise Ordnungshaft) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu verhängen. Zudem wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 243,51 Euro zuzüglich Zinsen ab dem 22.10.2022 zu zahlen, und sie trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
  • Folgen: Die Beklagte darf die unzulässige Klausel nicht mehr verwenden; bei Zuwiderhandlungen drohen hohe Ordnungsgelder oder Ordnungshaft. Zudem muss die Beklagte an den Kläger einen Geldbetrag nebst Zinsen zahlen und die Kosten des berechtigten Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was die unmittelbare Durchsetzbarkeit der Entscheidung ermöglicht.

Altersvorsorge im Fokus: Optimierung der Rentenansprüche für die Zukunft

Der Altersvorsorgevertrag und die Kürzung des Rentenfaktors stehen im Fokus aktueller Debatten innerhalb der Rentenversicherung. Neben der gesetzlichen Rentenversicherung gewinnen Themen wie private Altersvorsorge, Einkommenssicherung und lebenslange Rente zunehmend an Bedeutung.

Eine durchdachte Vorsorgeplanung mit möglichen Tarifwechsel– und Altersvorsorgeoptimierung-Strategien kann wesentlich zur Stabilisierung von Rentenansprüchen und einer soliden Zusatzrente beitragen. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Aspekte beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Gericht untersagt Rentenkürzungsklausel bei Riester-Rente

Mann in Anzug fügt Klausel zu Vertrag hinzu, die Anpassung des Rentenfaktors erlaubt. Modernes Büro, natürliche Beleuchtung.
Rechtliche Regelung von Rentenkürzungen | Symbolbild: Flux gen.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat einer Versicherung die Verwendung einer Klausel untersagt, die eine einseitige Kürzung der Rente bei fondsgebundenen Riester-Verträgen ermöglichte. Die Richter erklärten die Vertragsklausel für unwirksam, weil sie Versicherte unangemessen benachteiligt. Das Urteil vom 30. Januar 2025 stärkt die Position von Verbrauchern bei Rentenversicherungsverträgen.

Strittige Klausel erlaubte weitreichende Rentenkürzungen

Die vom Gericht beanstandete Vertragsklausel gab der Versicherung das Recht, die zugesagte monatliche Rente zu kürzen, wenn sich die Lebenserwartung der Versicherten unerwartet stark erhöhte oder die Kapitalmarktrenditen nachhaltig sanken. Im konkreten Fall hatte die Versicherung den ursprünglich vereinbarten Rentenfaktor von 38,74 Euro in zwei Schritten auf 30,84 Euro reduziert – zunächst 2017 auf 33,39 Euro und 2021 auf 30,84 Euro. Als Begründung führte das Unternehmen den gesunkenen Rechnungszins an.

Schwerwiegende Mängel in der Vertragsgestaltung

Das Gericht kritisierte vor allem zwei Aspekte der Klausel: Zum einen sah sie keine Pflicht vor, den Rentenfaktor wieder anzuheben, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern sollten. Die Richter bewerteten diese einseitige Ausgestaltung als unangemessen, da sie nur die Interessen der Versicherung berücksichtigt. Zum anderen bot die Klausel den Versicherten keine ausreichende Möglichkeit, durch höhere Beitragszahlungen die Rentenkürzung auszugleichen. Die im Vertrag vorgesehene Option für Zuzahlungen war auf den steuerlich geförderten Höchstbetrag von 2.100 Euro jährlich begrenzt.

Versicherung argumentierte erfolglos

Die Versicherung versuchte, die Klausel mit verschiedenen Argumenten zu verteidigen. Sie verwies darauf, dass sie den betroffenen Versicherungsnehmern in separaten Schreiben eine Wiederanhebung der Rente zugesagt hatte, falls sich zum Rentenbeginn bessere Bedingungen ergeben sollten. Das Gericht ließ dieses Argument nicht gelten, da für die rechtliche Bewertung allein der Vertragstext maßgeblich ist. Auch der Hinweis der Versicherung auf mögliche Überschussbeteiligungen bei steigenden Renditen überzeugte die Richter nicht. Diese könnten die Nachteile der Rentenkürzung nicht sicher ausgleichen.

Weitreichende Folgen des Urteils

Mit der Entscheidung setzte das Oberlandesgericht klare Maßstäbe für die Gestaltung von Anpassungsklauseln in Rentenversicherungsverträgen. Versicherungen müssen künftig sowohl Verschlechterungen als auch Verbesserungen der wirtschaftlichen Bedingungen im Vertragswerk berücksichtigen. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen. Das Gericht verhängte für Verstöße gegen das Verbot ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil stellt klar, dass Versicherungsunternehmen nicht einseitig den Rentenfaktor bei fondsgebundenen Rentenversicherungen vor Rentenbeginn reduzieren dürfen. Die verwendete Anpassungsklausel wurde als unwirksam eingestuft, da sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt und ihm keine ausreichende Kalkulationsgrundlage für seine Altersvorsorge bietet. Dies ist ein wichtiger Präzedenzfall für den Verbraucherschutz im Bereich der Altersvorsorge, der die Rechte der Versicherungsnehmer stärkt.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Inhaber einer fondsgebundenen Rentenversicherung können Sie sich gegen nachträgliche Kürzungen Ihres vereinbarten Rentenfaktors vor Rentenbeginn wehren. Wenn Ihre Versicherung eine ähnliche Klausel enthält und bereits Anpassungen vorgenommen hat, haben Sie möglicherweise Anspruch auf Beibehaltung des ursprünglich vereinbarten Rentenfaktors. Dies bedeutet konkret: Ihre ursprünglich in Aussicht gestellte Rente muss von der Versicherung eingehalten werden, sofern die Anpassung auf Basis einer vergleichbaren Klausel erfolgte. Lassen Sie Ihre Versicherungsunterlagen überprüfen, wenn Sie von einer solchen Rentenkürzung betroffen sind.

Benötigen Sie Hilfe?

Präzise Klarheit im Rentenrecht

Unklare Regelungen rund um Rentenkürzungen können schnell zur Verunsicherung führen. Insbesondere bei Verträgen, die einseitige Anpassungen vorsehen, besteht häufig der Bedarf, vertragliche Details sorgfältig zu prüfen und die tatsächlichen Rechte als Versicherter zu verstehen. Eine sorgfältige Analyse kann Ihnen helfen, Ihre Position zu stärken und mögliche Nachteile frühzeitig zu erkennen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie bei der strukturierten Bewertung Ihrer Vertragsunterlagen und legt dabei Wert auf eine sachliche, verständliche Beratung, die Klarheit in komplexen Sachverhalten schafft. Vertrauen Sie auf fundierte Expertise, um Ihre Rechtslage richtig einzuordnen, und setzen Sie auf kompetente Hilfe, um Ihre Interessen nachhaltig zu wahren.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Unter welchen Bedingungen dürfen Versicherungen den Rentenfaktor bei laufenden Verträgen ändern?

Die Möglichkeit zur Änderung des Rentenfaktors bei laufenden Verträgen ist stark eingeschränkt. Nach aktueller Rechtsprechung dürfen Versicherungen den Rentenfaktor nur unter sehr spezifischen Bedingungen anpassen.

Gesetzliche Grundlage

Die rechtliche Basis für Änderungen am Rentenfaktor bildet § 163 VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Eine Anpassung ist nur zulässig, wenn die dauerhafte Erfüllbarkeit der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht mehr sichergestellt werden kann.

Voraussetzungen für eine Änderung

Eine Rentenkürzung ist nur rechtmäßig, wenn:

  • Die Änderung in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich vorgesehen ist
  • Ein unabhängiger Treuhänder die Änderung prüft und genehmigt
  • Die Versicherung verpflichtet ist, den Rentenfaktor wieder anzuheben, wenn sich die Verhältnisse bessern

Aktuelle Rechtsprechung

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in seinem Urteil vom 30.01.2025 klargestellt, dass einseitige Kürzungen des Rentenfaktors durch die Versicherung eine unangemessene Benachteiligung darstellen. Die Versicherung muss sich in den Vertragsbedingungen ausdrücklich dazu verpflichten, eine vorgenommene Kürzung wieder rückgängig zu machen, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern.

Nach dem Rentenbeginn ist eine Änderung des Rentenfaktors für das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Kapital nicht mehr möglich. Wenn im Versicherungsschein nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass es sich nur um den aktuellen Rentenfaktor handelt, gilt dieser als garantiert.


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Welche Rechte haben Versicherungsnehmer bei einer angekündigten Rentenkürzung?

Versicherungsnehmer haben bei einer angekündigten Rentenkürzung starke rechtliche Möglichkeiten, sich zu wehren. Aktuelle Gerichtsurteile stärken ihre Position erheblich.

Grundsätzliche Rechtsposition

Eine einseitige Kürzung des Rentenfaktors durch Versicherungsgesellschaften ist rechtlich unzulässig. Das Landgericht Köln hat klargestellt, dass Versicherungsgesellschaften das Kalkulationsrisiko nicht einseitig auf Versicherungsnehmer abwälzen dürfen.

Widerspruchsmöglichkeiten

Bei einer angekündigten Rentenkürzung können Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt der Mitteilung Widerspruch einlegen. Der Widerspruch kann zunächst formlos erfolgen und muss später begründet werden.

Rechtliche Durchsetzung

Die Rechtsprechung hat wichtige Grundsätze festgelegt:

  • Eine Rentenkürzung ist unwirksam, wenn die Anpassungsklausel nur eine Herabsetzung, nicht aber eine Heraufstufung des Rentenfaktors vorsieht.
  • Der Rentenfaktor gilt als garantiert, wenn im Versicherungsschein nicht ausdrücklich auf dessen Änderbarkeit hingewiesen wurde.
  • Bereits erfolgte Rentenkürzungen können rückgängig gemacht werden, auch wenn Sie sich bereits im Ruhestand befinden.

Konkrete Handlungsmöglichkeiten

Bei einer angekündigten Kürzung sollten Sie den Rentenfaktor in Ihrem ursprünglichen Versicherungsschein prüfen. Wurde dieser nachträglich gesenkt, können Sie die Kürzung anfechten. Das OLG Stuttgart hat bestätigt, dass Versicherungsnehmer Anspruch auf Schadensersatz haben können, wenn eine unzulässige Rentenkürzung vorgenommen wurde.


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Was macht eine Rentenkürzungsklausel rechtlich unwirksam?

Eine Rentenkürzungsklausel in Versicherungsverträgen ist rechtlich unwirksam, wenn sie Versicherungsnehmer nach § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt.

Einseitige Ausrichtung der Klausel

Die Klausel ist unwirksam, wenn sie ausschließlich dem Interesse des Versicherers dient, die Rentenhöhe abzusenken. Wenn Sie einen Versicherungsvertrag haben, in dem keine Verpflichtung des Versicherers vorgesehen ist, die Rente bei verbesserten Verhältnissen wieder anzuheben, liegt eine solche einseitige Ausrichtung vor.

Fehlende Anpassungsmöglichkeiten

Eine Rentenkürzungsklausel verstößt gegen geltendes Recht, wenn sie keine Möglichkeit für Versicherungsnehmer vorsieht, durch zusätzliche Beiträge die Rentenzahlungen nach einer Kürzung wieder anzuheben.

Unzureichende vertragliche Regelungen

Die bloße freiwillige Zusage eines Versicherers, den Rentenfaktor bei besseren Bedingungen wieder zu erhöhen, reicht nicht aus. Eine solche Verpflichtung muss explizit in den Versicherungsbedingungen festgeschrieben sein.

Konkrete Beispiele unwirksamer Klauseln

Ein typisches Beispiel ist die Klausel der Zurich Versicherung, die den Rentenfaktor um 25 Prozent senkte. Diese wurde vom Landgericht Köln für unwirksam erklärt, da sie eine effektive Rentenkürzung darstellte, ohne entsprechende Ausgleichsmechanismen vorzusehen.

Auch die Klausel der Allianz wurde vom OLG Stuttgart für unwirksam erklärt. Diese erlaubte eine Absenkung bei nicht vorhersehbarer Renditeentwicklung, enthielt aber keine spiegelbildliche Verpflichtung zur Rentenerhöhung bei Verbesserung der wirtschaftlichen Situation.


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Welche Ausgleichsmöglichkeiten müssen Versicherungen bei Rentenkürzungen anbieten?

Nach aktueller Rechtsprechung müssen Versicherungen bei Rentenkürzungen spiegelbildliche Ausgleichsmechanismen in ihren Vertragsbedingungen vorsehen. Eine einseitige Kürzungsmöglichkeit ohne entsprechende Erhöhungsverpflichtung ist nicht zulässig.

Rechtliche Anforderungen an Ausgleichsmechanismen

Versicherungen müssen sich vertraglich verpflichten, die Rente wieder zu erhöhen, wenn die Gründe für die Kürzung entfallen. Eine bloße freiwillige Zusage zur möglichen Erhöhung reicht nicht aus – die Verpflichtung muss transparent in den Versicherungsbedingungen verankert sein.

Aktuelle Rechtsprechung

Das Landgericht Köln hat die Rentenkürzung der Zurich Versicherung für unwirksam erklärt, da die verwendete Klausel keine ausreichenden Ausgleichsmechanismen vorsah. Auch im Fall der Allianz hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden, dass die Treuhänderklausel zur Rentenkürzung unwirksam ist, da sie nur die Interessen des Versicherers berücksichtigt.

Konkrete Anforderungen

Die Versicherungsbedingungen müssen folgende Elemente enthalten:

  • Eine transparente Regelung zur Wiedererhöhung der Rente
  • Konkrete Kriterien, wann eine Erhöhung erfolgen muss
  • Eine verbindliche Verpflichtung zur Erhöhung, nicht nur eine Option

Wenn die Versicherung den Rentenfaktor beispielsweise wegen niedriger Zinsen gesenkt hat, muss sie ihn bei steigenden Zinsen auch wieder entsprechend anheben. Die Allianz hatte den Rentenfaktor um etwa 20 Prozent gesenkt, war aber nicht verpflichtet, diese Kürzung trotz gestiegener EZB-Leitzinsen zurückzunehmen.


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Wie wirken sich aktuelle Gerichtsurteile zu Rentenkürzungen auf bestehende Verträge aus?

Das Landgericht Köln hat mit seinem rechtskräftigen Urteil vom 08.02.2023 die nachträgliche Kürzung von Rentenfaktoren in bestehenden Verträgen für unwirksam erklärt. Diese Entscheidung betrifft zunächst konkret eine fondsgebundene Riester-Rente der Zurich Versicherung, bei der eine Rentenkürzung von 25 Prozent vorgenommen wurde.

Praktische Auswirkungen für Versicherte

Wenn Sie einen Rentenversicherungsvertrag haben, bei dem der Rentenfaktor nachträglich gekürzt wurde, können Sie von dieser Rechtsprechung profitieren. Die Versicherer dürfen das unternehmerische Risiko schlechter Renditen aufgrund der Niedrigzinsphase nicht einfach auf ihre Kunden abwälzen. Sie können als Versicherter nicht nur künftige Kürzungen verhindern, sondern auch bereits erfolgte Kürzungen rückgängig machen und entgangene Rentenzahlungen einfordern.

Reichweite der Urteile

Die aktuelle Rechtslage gestaltet sich wie folgt:

  • Das Urteil ist zwar rechtskräftig, da die Zurich ihre Berufung zurückgezogen hat.
  • Eine abschließende Entscheidung durch den Bundesgerichtshof wird voraussichtlich erst in etwa zwei Jahren erwartet.
  • Die Rechtsprechung könnte auch Auswirkungen auf andere private Rentenversicherungen haben, die ähnliche Kürzungsklauseln verwenden.

Konkrete Beispiele für die Auswirkungen

Ein typischer Fall zeigt die praktische Bedeutung: Bei einem Rentenfaktor von 37,34 Euro pro 10.000 Euro Vertragsguthaben wurde dieser auf 27,97 Euro gesenkt. Nach dem Kölner Urteil ist eine solche Kürzung unwirksam, der ursprünglich vereinbarte höhere Rentenfaktor muss beibehalten werden.

Die Gerichte prüfen bei solchen Fällen besonders die Angemessenheit der Vertragsklauseln. Als problematisch wurde etwa bei der Zurich eingestuft, dass die Klausel zwar Kürzungen bei schlechteren Renditen erlaubte, aber keine Erhöhungen bei verbesserten Bedingungen vorsah.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Rentenfaktor

Der Rentenfaktor ist eine zentrale Kennzahl in der privaten Rentenversicherung, die angibt, wie viel monatliche Rente pro 10.000 Euro angespartem Kapital gezahlt wird. Er wird bei Vertragsabschluss festgelegt und ist entscheidend für die spätere Rentenhöhe. Die Berechnung basiert auf der statistischen Lebenserwartung und dem erwarteten Zinsniveau.

Beispiel: Bei einem Rentenfaktor von 30 Euro erhält man für 10.000 Euro Kapital eine monatliche Rente von 30 Euro. Bei 100.000 Euro Kapital wären es entsprechend 300 Euro monatlich.


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Riester-Rente

Eine staatlich geförderte Form der privaten Altersvorsorge, die nach dem früheren Arbeitsminister Walter Riester benannt ist. Sie wird durch Zulagen und Steuervergünstigungen staatlich unterstützt. Geregelt im Altersvermögensgesetz (§§ 10a, 79ff. EStG), garantiert sie eine lebenslange Rente und mindestens die Rückzahlung der eingezahlten Beiträge.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer zahlt jährlich 1.200 Euro in einen Riester-Vertrag ein und erhält dafür 175 Euro Grundzulage vom Staat plus eventuelle Kinderzulagen.


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Fondsgebundene Rentenversicherung

Eine spezielle Form der privaten Rentenversicherung, bei der die Beiträge in Investmentfonds angelegt werden. Anders als bei klassischen Rentenversicherungen hängt die Rendite direkt von der Entwicklung der gewählten Fonds ab. Geregelt im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), bietet sie Chancen auf höhere Renditen, aber auch erhöhte Risiken.

Beispiel: Ein Versicherter wählt einen Mix aus Aktien- und Rentenfonds für seine Altersvorsorge. Die spätere Rentenhöhe schwankt je nach Fondsentwicklung.


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Rechnungszins

Der garantierte Mindestzins, mit dem Versicherungsunternehmen die Beiträge der Versicherten verzinsen müssen. Er wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) festgelegt und ist im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geregelt. Die Höhe beeinflusst maßgeblich die garantierte Rentenleistung.

Beispiel: Bei einem Rechnungszins von 0,25% muss die Versicherung mindestens diese Verzinsung auf die Sparanteile garantieren, unabhängig von der tatsächlichen Kapitalmarktentwicklung.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 13 BGB (Verbot der unangemessenen Benachteiligung): Diese Vorschrift untersagt es, dass Vertragsklauseln eine Partei unangemessen benachteiligen. Insbesondere dürfen Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen, wenn dadurch wesentliche Rechte des Vertragspartners eingeschränkt werden. Im vorliegenden Fall wurde die Anpassungsklausel der Beklagten als unangemessene Benachteiligung der Verbraucher eingestuft, da sie die Rentenzahlungen einseitig und ohne ausreichende Schutzmechanismen senken kann.
  • §§ 305 ff. BGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen – AGB-Recht): Diese Paragraphen regeln die Einbeziehung und Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Verträgen. Sie stellen sicher, dass Klauseln transparent und fair sind und den Vertragspartner nicht überraschend oder benachteiligend beeinflussen. Die im Fall verwendete Klausel zur Anpassung der Rentenzahlungen wurde unter diesen Bestimmungen geprüft und als unwirksam befunden, da sie den Verbrauchern keine angemessene Kontrolle oder Transparenz bietet.
  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG) § 25 Abs. 1a Satz 4: Dieser Paragraph betrifft die Berechnung der Deckungsrückstellungen und die verwendeten Rechnungsgrundlagen in Versicherungsverträgen. Er stellt sicher, dass Versicherer bei der Festlegung von Prämien und Leistungen angemessene und transparente Methoden anwenden. Im vorliegenden Fall wurde die Anpassungsklausel der Beklagten bezüglich der Rentenzahlungen im Zusammenhang mit § 25 Abs. 1a Satz 4 als problematisch bewertet, da sie potenziell zu ungerechtfertigten Kürzungen der Rentenleistungen führen kann.
  • § 307 BGB (Inhaltskontrolle der AGB): Diese Vorschrift erlaubt die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ihre inhaltliche Angemessenheit. Klauseln, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligen oder überraschend sind, werden für unwirksam erklärt. Die Anpassungsklausel der Beklagten wurde nach § 307 BGB überprüft und als unangemessen eingestuft, da sie den Verbrauchern erhebliche Nachteile bei den Rentenzahlungen bringt.
  • EU-Richtlinie über Versicherungsvermittlung (IDV 2016/97): Diese Richtlinie zielt darauf ab, den Verbraucherschutz im Versicherungsbereich auf EU-Ebene zu stärken, indem sie Transparenz und faire Behandlung sicherstellt. Sie verpflichtet Versicherer, klare und verständliche Informationen bereitzustellen und unfaire Vertragsbedingungen zu vermeiden. Im Fall der fondsgebundenen Riester-Rente wurde die Klausel der Beklagten auch im Lichte dieser EU-Vorschriften als nicht konform mit den Anforderungen an Transparenz und Fairness bewertet.

Das vorliegende Urteil


OLG Stuttgart – Az.: 2 U 143/23 – Urteil vom 30.01.2025


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