Ob die Anwendung des „Nettopolicenmodells“ in Fällen, in denen die „Kostenausgleichsvereinbarung“ nicht mit einem Versicherungsmakler oder -vermittler, sondern unmittelbar mit dem Versicherer geschlossen wird, gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Jedenfalls für diejenigen Fälle, in denen durch eine Verrechnung der Beiträge auf beide Verträge eine Verknüpfung hergestellt wird, verstößt der Abschluss einer Kostenausgleichsvereinbarung im Rahmen eines „Nettopolicenmodells“ gegen ein gesetzliches Verbot und ist daher nichtig nach § 134 BGB (OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.09.2013, Az.: 12 U 85/13)
Im Rahmen der pflichtgemäßen Beratung nach §§ 6, 61 VVG ist der Versicherungsinteressent vor Vertragsschluss ausführlich und nachvollziehbar über die Unterschiede zwischen Brutto- und Nettopolicen und die aus einer Kostenausgleichsvereinbarung folgende Schlechterstellung des Versicherungsnehmers im Fall eines Frühstornos aufzuklären.
§ 61 Absatz 1 Satz 1 VVG verpflichtet den für den Versicherer tätigen Vermittler, den Interessenten zu befragen und zu beraten; dabei muss er den Beratungsbedarf des Versicherungsnehmers und die Art des Produkts in den Blick nehmen. Die Folgen der – in der Praxis nicht seltenen – vorzeitigen Kündigung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen sind seit längerer Zeit Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Nach der zum früheren Recht ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der späteren Neuregelung der Frühstornofälle durch den Gesetzgeber wird der Verbraucher regelmäßig davon ausgehen, dass er auch im Falle frühzeitiger Kündigung seines Vertrages zumindest einen Teil der von ihm eingezahlten Beiträge zurückerhält. Verfügt der Verbraucher nicht ausnahmsweise über versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, wird er nicht bedenken, dass dies nur bei den sogenannten Bruttopolicen gilt, bei denen die Abschluss- und Vertriebskosten in die Prämie einkalkuliert werden. Es liegt deshalb auf der Hand, dass der Versicherer und der Vermittler, die von diesem Grundkonstrukt abweichende „Nettopolicen“ vertreiben, den Versicherungsnehmer vor Vertragsabschluss ausführlich und nachvollziehbar über diesen Unterschied und die daraus folgende Schlechterstellung des Versicherungsnehmers im Falle eines Frühstornos aufklären müssen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach dem Abschlussbericht der VVG-Reformkommission, die von der Klägerin in anderem Zusammenhang zitiert wird, Lebensversicherungsverträge „zu einem nicht unerheblichen Teil bereits in den ersten Jahren nach Vertragsschluss vom Versicherungsnehmer gekündigt“ werden.